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Sargans

Politische Gemeinde des Kantons St. Gallen, Region Sarganserland. Am Fusse des Gonzen liegend, umfasst die Gemeinde ausser dem Städtchen Sargans die Weiler Vild, Ratell, Prod, Splee, Riet, Farb, Töbeli und Schwefelbad. Im Osten grenzt sie mit dem Rhein an das Fürstentum Liechtenstein. An der Schnittstelle von Rhein- und Seeztal errichtet, ist Sargans strategisch und verkehrstechnisch bedeutend. 765 de Senegaune (Kopie des 16. Jh.), 1248 Sanegans. Die Schreibweise Sargans tauchte erst im späten 16. Jahrhundert auf und setzte sich im 17. Jahrhundert durch. 1800 680 Einwohner; 1850 907; 1900 931; 1950 2075; 1960 2571; 1970 4058; 2000 4765.

Modellbogen des Schlosses Sargans. Nach einer Vorlage von Heinrich Pfenninger, 1955 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv) © Pädagogischer Verlag des Lehrerinnen- und Lehrervereins Zürich.
Modellbogen des Schlosses Sargans. Nach einer Vorlage von Heinrich Pfenninger, 1955 (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv) © Pädagogischer Verlag des Lehrerinnen- und Lehrervereins Zürich. […]

Die nähere Umgebung von Sargans ist spätestens seit dem Neolithikum besiedelt. Im Gemeindegebiet wurde der bisher bedeutendste römische Gutshof im Kanton St. Gallen entdeckt. Die Talfläche war allerdings bis Mitte des 19. Jahrhunderts versumpft und für die Besiedlung ungeeignet. Bis zur Verdrängung durch das Alemannische zwischen dem 8. und 13. Jahrhundert gehörte Sargans zum alt-rätoromanischen Sprachgebiet Unterrätiens. Im Mittelalter war Sargans Teil des Herrschaftsgebiets der Grafen von Werdenberg-Sargans, deren Sitz das vermutlich im 12. Jahrhundert erbaute, 1282 erstmals erwähnte Schloss Sargans war. Die Gründung des Städtchens, für das 1271 erstmals ein Schultheiss belegt ist, erfolgte um die Mitte des 13. Jahrhunderts. 1456 erneuerten die Stadtherren die verbrannten Freiheitsbriefe: Der Graf wählte den Schultheissen aus einem Dreiervorschlag der Bürger oder schlug diesen drei Kandidaten zur Auswahl vor. Mit Ausnahme der Blutgerichtsbarkeit besass Sargans die Gerichtshoheit, der Kriegsdienst erfolgte auf Kosten der Grafen. Räte und Richter ergänzten sich selbst. Vermutlich ab 1406 bildeten Stadt und Schloss eine sich ergänzende Festungsanlage. Weil die Hauptroute für den Warentransport vom Bodensee nach Italien über St. Luzisteig führte und Feldkirch sowie Chur als Marktorte wichtiger waren, konnte sich der Sarganser Markt trotz eines königlichen Marktprivilegs von 1443 nicht entfalten. Sargans blieb eine Kleinstadt. Für die Entwicklung des Orts waren deshalb weiterhin vorwiegend militärisch-strategische Faktoren ausschlaggebend. Im 15. Jahrhundert wurde Sargans in die Auseinandersetzungen zwischen den Grafen von Werdenberg-Sargans, Österreich und der Eidgenossenschaft hineingezogen, in deren Verlauf 1445 das Städtchen, nicht aber das Schloss, von den Eidgenossen erobert und abgebrannt wurde. 1483 musste Graf Jörg von Werdenberg-Sargans die Grafschaft Sargans für 15'000 rheinische Goldgulden den sieben eidgenössischen Orten verkaufen. Sargans wurde Verwaltungszentrum der eidgenössischen Landvogtei Sargans, die ab 1712 von Bern mitregiert wurde. Amtssitz der Landvögte war das Schloss. 1490 brannte Sargans erneut nieder. 1501 bestätigten die Eidgenossen die städtischen Freiheiten und verliehen das Recht auf einen Wochen- und einen dritten Jahrmarkt. 1798 kam Sargans als Teil des helvetischen Distrikts Mels zum Kanton Linth, 1803-2002 war es Teil des Bezirk Sargans im Kanton St. Gallen. 1811 zerstörte ein Brand das ganze Städtchen innerhalb der Ringmauern mit Ausnahme der Kirche und der Kaplanei.

Eine dem heiligen Cassian geweihte Kirche wird erstmals im 9. Jahrhundert urkundlich erwähnt, im späteren 15. Jahrhundert kam der heilige Oswald als Zweitpatron hinzu. 1708-1711 entstand der heutige Bau. 1097 gelangte das Patronat als Schenkung an die Abtei Mehrerau und 1806 an den Kanton St. Gallen, 1814 an die Abtei Pfäfers und 1838 an die Gemeinde. Seit 1492 besteht die St. Magnusbruderschaft. 1955 erfolgte die Gründung der reformierten Kirchgemeinde Sargans-Mels und 1959 in Sargans die Einweihung einer eigenen Kirche.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts lebte der grösste Teil der Bevölkerung von der Landwirtschaft (Feld-, Obst- und Weinbau, Viehzucht) und profitierte von der Lage der Gemeinde als regionalem Verkehrsknotenpunkt (Fuhrwesen, Wirtshäuser, Marktort) sowie vom Erzabbau im Gonzen. Im Ort treffen seit 1859 die Eisenbahnlinien Zürich-Chur und Bodensee-Chur aufeinander. Über Sargans führt seit 1884 die Linie Zürich-Wien. Für das benachbarte Fürstentum Liechtenstein, das über ein leistungsfähiges Busnetz erschlossen ist, ist Sargans der wichtigste Anschlussbahnhof. Bei Sargans liegt zudem das Autobahnkreuz von A3 und A13. Mit der Planung für den Sarganser Bahnhof erfolgte ab 1858 eine erste Saarkorrektion, eine zweite, samt Melioration der Saarebene wurde mit dem Autobahnbau begonnen und 1978 abgeschlossen. Die Industrialisierung fasste nur zögerlich Fuss. Während des Zweiten Weltkriegs entstand rund um Sargans eine militärische Festungszone. Nach 1960 setzte mit der Eröffnung der Kantonsschule und des Lehrerseminars 1963, dem Autobahnbau sowie der Vergrösserung des Bahnhofs ein starkes Wirtschaftswachstum ein. 1999 errichtete das amerikanische Hightech-Unternehmen IMS (elektronische Messsysteme) seinen europäischen Hauptsitz in Sargans. Dank der günstigen Verkehrslage wurde Sargans auch zum beliebten Wohnort. 2005 waren der Tourismus und zahlreiche Klein- und Mittelbetriebe die wichtigsten Arbeitgeber in Sargans, wobei der 2. Sektor 38% und der 3. 59% der Arbeitsplätze stellten. Der Anteil der Wegpendler, vor allem auch ins Fürstentum Liechtenstein, lag 2000 bei 60%. Als Standort weiterer Schulen wie der Schule für Gesundheits- und Krankenpflege, des Berufs- und Weiterbildungszentrums Sarganserland, der Schule für Detailhandel sowie der Broderhaus Haushaltungsschule ist Sargans das Bildungszentrum des südlichen Kantonsteils. 1983 wurden Stollen des 1966 stillgelegten Eisenbergwerks am Gonzen zur Besichtigung geöffnet. Das Sarganser Wahrzeichen, das über dem Städtchen thronende Schloss, kam 1803 in Kantonsbesitz, wurde 1834 an Johann Georg von Toggenburg versteigert und gelangte 1899 an die Ortsgemeinde Sargans, die es 1901-1906 restaurieren liess und bereits 1901 eine sogenannte Altertümer- und Waffensammlung einrichtete. 1966 wurde im Bergfried das Museum Sarganserland eröffnet.

Quellen und Literatur

  • F. Perret, 1100 Jahre Pfarrei Sargans, 1950
  • Kdm SG 1, 1951, 316-362
  • A. Stucky, Schulgesch. von Sargans, [1982] (StASG)
  • M. Bugg, Das Schloss Sargans um 1900, 1999
  • J. Huber, Kath. Gebetsstätten in Sargans, 2002
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Wolfgang Göldi: "Sargans", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.01.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001357/2012-01-11/, konsultiert am 28.03.2024.