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Mels

Politische Gemeinde des Kantons St. Gallen, Region Sarganserland. Die mit 140 km2 flächengrösste Gemeinde des Kantons umfasst neben dem Weisstannental einen Teil des Seeztales. Nordwestlich des Dorfes Mels liegt der Hügel Castels, westlich der Nidberg mit dem gleichnamigen Schlösschen. Ebenfalls zur Gemeinde gehören die Siedlungen Heiligkreuz, Plons, Ragnatsch, die Weiler Butz, St. Martin, Mädris, Tils, die Hangsiedlung Vermol sowie die Walserdörfer Schwendi und Weisstannen. 765 Maile (Kopie), 1018 Meilis. 1800 2433 Einwohner; 1850 3305; 1900 4035; 1950 5837; 2000 7837.

Urgeschichte und römische Zeit

Auf Castels fanden sich mittel- und spätneolithische Siedlungsreste (erste Hälfte des 4. Jt.-1. Viertel des 3. Jt. v.Chr.) sowie mittelbronzezeitliche Spuren (15.-14. Jh. v.Chr.). Für die Spätbronzezeit (12.-8. Jh. v.Chr.) ist eine intensive Siedlungstätigkeit durch Urnenfelderkeramik und Laugen-Melaun-Keramik belegt. Eisenzeitliche und römische Besiedlung ist ebenfalls nachgewiesen; die Umfassungsmauer mit zwei Türmen wurde sicher vor dem Frühmittelalter errichtet.

Beigaben aus dem Urnengrab von Heiligkreuz: Vollgriffdolch, Messer, Mohnkopfnadeln und verschiedene Armringe. Frühe Spätbronzezeit, ca. 13. Jahrhundert v.Chr. (Rätisches Museum, Chur).
Beigaben aus dem Urnengrab von Heiligkreuz: Vollgriffdolch, Messer, Mohnkopfnadeln und verschiedene Armringe. Frühe Spätbronzezeit, ca. 13. Jahrhundert v.Chr. (Rätisches Museum, Chur).

In Gasella und auf der Alp Kohlschlagchläui wurde je ein neolithisches, nicht näher datierbares Steinbeil gefunden. Von Rossheld ist ein Depotfund aus der Frühbronzezeit (17. Jh. v.Chr.), bestehend aus drei mit Wachs gefüllten und umhüllten Bronzearmspiralen und einem Beil Typ Salez, bekannt. Ein mittelbronzezeitliches Armreifdepot aus der Nähe des Dorfes Mels enthält sechs Paar gegossene, zum Teil durchbrochen gearbeitete Armspangen (14. Jh. v.Chr.). Bei einer in Plons gefundenen Nadel und einem Beil Typ Lochham in Plons-Schmelzibach handelt es sich um weitere mittelbronzezeitliche Einzelfunde. Jünger sind ein Griffangelschwert von der Alp Wallabütz-Matt im Weisstannental, ein Messer Typ Binningen von Ragnatsch (beides 13. Jh. v.Chr.), ein Bronzemesser der Urnenfelderzeit vom Dorf Mels sowie ein Schulterbeil und ein mittelständiges Schaftlappenbeil von einer Alp oberhalb Mels (9./8. Jh. v.Chr.). In Heiligkreuz wurde ein Urnengrab, aufgrund der Beigaben vermutlich ein Doppelgrab, aus der frühen Spätbronzezeit entdeckt. Nicht näher datierbar sind eine Nadel von der Alp Palfries, ein Messer von der Balnenwand und eine Lanzenspitze, die beim Bahnhof Mels zu Tage kam.

Vom Mittelalter bis zur Gegenwart

Vom 8. bis ins 12. Jahrhundert verfügten die Klöster Disentis, Pfäfers, Einsiedeln und Schänis über Grundbesitz in Mels. Das churrätische Reichsgutsurbar erwähnt vier Kirchen in Mels um die Mitte des 9. Jahrhunderts; davon eine im Eigentum der Abtei Pfäfers. 1376 wurde die Pfarrkirche Mels mit ihren Filialkirchen Wangs und Vilters dem Kloster Pfäfers inkorporiert. Die Oberherrschaft über Mels lag im Hochmittelalter bei der Grafschaft Sargans. Teile der Gerichtsbarkeit waren mit der über Mels gelegenen Burg Nidberg (um 1265 erbaut, 1437 zerstört) verbunden. Die Burg diente den Meiern von Windegg als Sitz des Pfäferser Meierhofes. 1371 kauften die Herzöge von Österreich die Herrschaft Nidberg. Von diesen wurde die Herrschaft wiederholt verpfändet und in die Kriege mit den Eidgenossen verwickelt. Mels gehörte zum rätoromanischen Sprachgebiet und wurde erst im 15. und 16. Jahrhundert germanisiert. 1483-1798 unterstand Mels als Teil der Landvogtei Sargans den sieben, ab 1712 den acht alten Orten der Eidgenossenschaft. Innerhalb der Landvogtei bildete Mels eine Gemeinde; seit dem 17. Jahrhundert ist eine Gemeindeorganisation nachweisbar.

1798-1803 war Mels Hauptort des Distriktes Mels im Kanton Linth, 1803 wurde die Gemeinde dem Kanton St. Gallen eingegliedert. Zusammen mit dem Sarganserland bemühte sich die Gemeinde Mels 1814 um erweiterte politische Mitbestimmung im Kanton St. Gallen. Die Bemühungen scheiterten und führten zu einer Trennungsbewegung mit dem Wunsch eines Anschlusses an Glarus.

Die erste Vorgängerin der Pfarrkirche St. Peter und Paul wurde spätestens um 550 erbaut. Nach der Reformation 1529 kehrte Mels 1532 zum alten Glauben zurück. 1654 folgte die Gründung des bis heute bestehenden Kapuzinerklosters, 1732 die Einweihung der heutigen Pfarrkirche. Die Pfarrei Mels umfasste nebst Mels bis 1487 Vilters, bis 1689 Weisstannen und bis 1882 Wangs. Kirchlich unterstand Mels bis 1847 dem Bistum Chur, seither dem Bistum St. Gallen. 1892 wurde die sogenannte evangelische Kapelle errichtet; seit 1935 gehört die reformierte Bevölkerung zur Kirchgemeinde Sargans-Mels-Vilters-Wangs.

Aufgrund der über 20 Alpen waren Viehwirtschaft und Viehhandel wichtiger als Ackerbau. Infolge des Transitverkehrs erlangten Pferdezucht und Pferdehandel vor allem ab 1750 Bedeutung. Nach 1770 erlebte der Rebbau einen Aufschwung. Vom 14. bis ins 18. Jahrhundert sind Eisenschmelzen und Eisenschmieden in Mels und Umgebung belegt. Bis 1915 besass der Export von Mühlsteinen vor allem nach Deutschland Tradition, ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts der Vertrieb von roten Melser Natursteinplatten. Verdienst brachte bis 1800 auch das Holzschlagen und Holzflössen. 1803-1863 bestand in Mels eine Glashütte. Dennoch verzeichnete die Gemeinde 1840-1870 grosse Abwanderungen.

Blick vom Nidberg über das Dorf rheinaufwärts gegen den Falknis. Lithografie von E. Willy nach einer Zeichnung von Franz Schmid (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv).
Blick vom Nidberg über das Dorf rheinaufwärts gegen den Falknis. Lithografie von E. Willy nach einer Zeichnung von Franz Schmid (Zentralbibliothek Zürich, Graphische Sammlung und Fotoarchiv). […]

1878 gab die Firma Neher die Eisenverhüttung in Plons auf und nutzte die Gebäude als chemische Fabrik, die 1968-1994 von der Firma Perbor AG weitergeführt wurde. Um 1860 gab es eine erste mechanische Baumwollweberei und ab 1867 betrieb die Glarner Firma Schuler, Heer & Cie. (1920-1974 Stoffel-Konzern, 1974 bis zur Schliessung 1995 Legler-Konzern) eine Spinnerei, eine Weberei sowie später eine Färberei. Noch 1960 arbeiteten rund 700 Personen auf der Anlage. 1962-1992 produzierte die Feinmechanikfirma Omag vor allem Mikroskope (1992-1994 Weiterführung durch die Jordan Produktions AG). Bis 2003 war Mels Standort des Festungswachtkorps und der Rekrutenschule der Festungstruppen der Schweizer Armee sowie bis 2005 eines eidgenössischen Zeughauses. Seit 2004 betreibt die Armee in Mels ein Rekrutierungszentrum und seit 2006 ein Infrastrukturzentrum für einen Grossteil der Ostschweiz. Nebst Gewerbe und kleinen Industriebetrieben sind heute die Einkaufszentren im Riet bedeutende Arbeitgeber.

Quellen und Literatur

Urgeschichte und römische Zeit
  • B. Frei, «Durchbrochene Armbänder der Hügelgräberbronzezeit», in Germania 33, 1955, 324-333
  • E. Hug, Urgeschichtl. Fundstatistik des Kt. St. Gallen, Ms., 1960 (NB)
  • B. Frei, «Die späte Bronzezeit im alpinen Raum», in UFAS 3, 1971, 87-102
Vom Mittelalter bis zur Gegenwart
  • Kdm SG 1, 1951, 86-136
  • Terra plana, 1970-
  • P. Good, Gesch. der Gem. Mels, 1973
  • D. Imper, Gesteine, Rohstoffgewinnung und Steinverarbeitung im Sarganserland, 1996
  • L. Pfiffner, Mels zur Zeit der Landvogtei, 1483-1798, 2003
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Regula Anna Steinhauser-Zimmermann; Wolfgang Göldi: "Mels", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 08.03.2022. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001354/2022-03-08/, konsultiert am 16.04.2024.