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Flums

Politische Gemeinde des Kantons St Gallen, Region Sarganserland. Bis 2002 Hauptort des ehemaligen Bezirks Sargans. Die flächenmässig drittgrösste Gemeinde des Kantons mit den drei Ortsgemeinden Flums-Dorf, Grossberg und Kleinberg umfasst das Schilstal bis zur Grenze gegen Glarus, die Hänge der Flumserberge sowie einen Teil der von der Seez durchflossenen Ebene und des Westhanges der Alvierkette. 765 Flumini. 1739 1864 Einwohner; 1850 2577; 1900 3567; 1950 4833; 1970 4474; 2000 4882.

Muttergottes mit Kind. Um 1180 entstandenes Glasgemälde aus der St. Jakobskapelle bei Gräpplang (Schweizerisches Nationalmuseum, IN-35).
Muttergottes mit Kind. Um 1180 entstandenes Glasgemälde aus der St. Jakobskapelle bei Gräpplang (Schweizerisches Nationalmuseum, IN-35). […]

Auf eine römische Siedlung deuten Baureste unter der St.-Justus-Kirche, Scherben aus dem 2. und 3. Jahrhundert n.Chr. sowie Münzen hin; beim sogenannten Heiligenbungert wurden Spuren einer Römerstrasse entdeckt. Bischof Tello von Chur behielt sich in seinem Testament von 765 den vierten Teil des Fronhofs zu Flums vor. Im Churrätischen Reichsgutsurbar (um 850) wird Flums mit einer Taufkirche und Gütern in königlichem Besitz genannt. Karl der Dicke tauschte 881 mit Bischof Ruodharius von Chur das in Unterrätien gelegene Flums gegen Güter im Elsass. Als bischöflicher Besitz wurde Flums von einem Vogt verwaltet; als Erster erscheint Anfang des 13. Jahrhunderts Sifrid von Flums. Mehrfach verpfändeten die Churer Bischöfe im Verlauf des Spätmittelalters die Herrschaft Flums mit der 1249 erstmals erwähnten Burg Gräpplang und lösten sie wieder ein. 1528 erwarb Ludwig Tschudi der Jüngere die Feste für 2400 Florin. Bis 1767 verblieb sie im Besitz der Familie Tschudi. 1804 wurde sie zum Abbruch verkauft; seit 1923 gehört die Ruine der Gemeinde. Vor der Reformation bestanden in Flums eine Pfarr- und zwei Kaplaneipfründen; die Kollatur hatte der jeweilige Herr von Gräpplang inne. 1529 wurde in Flums auf Initiative von Martin Mannhart die Reformation eingeführt. Ein Jahr später erhielten die Altgläubigen unter Landvogt Aegidius Tschudi wieder die Mehrheit. 1714 trennten sich Berschis und Tscherlach kirchlich von Flums und bildeten eine eigene Pfarrei. Älteste Kirche ist die ehemalige Pfarrkirche St. Justus, unter deren spätgotischem Chor sich Reste einer frühkarolingischen Kirchenanlage befinden. 1861-1863 erfolgte der Bau der heutigen Pfarrkirche St. Laurentius. Älteste Kapelle ist die romanische St. Jakobskapelle bei Gräpplang mit dem ältesten romanischen Glasgemälde der Schweiz von ca. 1180 (Rundbogenfenster mit einer Darstellung der Madonna mit dem Kind, seit 1889 im Schweizerischen Landesmuseum) und Fresken aus der Zeit um 1300.

1798 kam Flums zum Distrikt Mels im Kanton Linth, 1803 zum Kanton St. Gallen; die bisherigen Ortsteile Berschis und Tscherlach wurden der Gemeinde Walenstadt zugeschlagen. 1819 wurden Ortskorporationen mit Weide- und Wälderteilung errichtet, 1832 drei selbstständige Ortsgemeinden gebildet.

Flums ist bis in die Gegenwart landwirtschaftlich geprägt (Viehzucht, Milchproduktion, Alpwirtschaft). Vom 15. bis frühen 18. Jahrhundert spielte Flums eine wichtige Rolle in der Verhüttung des Gonzenerzes. Wegen des Rückgangs der Waldbestände wurde die Eisenschmelze dann nach Plons (Gemeinde Mels) verlegt. Wirtschaftlicher Aufschwung und Industrialisierung setzten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts langsam ein, begünstigt durch den Anschluss an die Eisenbahnlinie Zürich-Chur (1859) und die Nutzung der Wasserkraft der Schils. 1866 gründeten die Brüder Heinrich und Johann Spoerry eine Baumwollspinnerei, die noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts der bedeutendste Fabrikationsbetrieb der Gemeinde ist. Die Firma Spoerry errichtete 1900 zudem eine Karbidfabrik, seit 1969 Flumroc AG (Herstellung von Steinwolle). Zur Flumroc-Gruppe gehören in Flums auch die ehemalige Maschinenfabrik Flums AG (vormals Maschinenfabrik Hartmann, gegründet 1853; heute Flumec AG) sowie die Pamag AG. Im Verlauf des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Flums und vor allem die Flumserberge zum Kur-, Ski- und Wandergebiet; der Tourismus bildet zu Beginn des 21. Jahrhunderts neben Landwirtschaft, Industrie und Gewerbe einen wichtigen Erwerbszweig. Die Sekundarschule Flums besteht seit 1895 (seit 1900 Flums-Berschis), das Oberstufenzentrum Flums-Berschis seit 1984.

Quellen und Literatur

  • A. Müller, Die Rechtsverhältnisse der Ortsgem. in Flums, 1916
  • A. Müller, Gesch. der Herrschaft und Gem. Flums 1, 1916
  • J.J. Kubly-Müller, «Die Tschudi – Frh. von Flums und Schloss Gräpplang», in JbGL 42, 1920, 1-54
  • H. Thalmann, Die Industrie im Sarganserland, 1943
  • Kdm SG 1, 1951, 27-85
  • H. Schmied-Neukomm, «Le vitrail de Flums», in ZAK 47, 1990, 213-234
  • R. Gadient, «Das Gewerbe in Flums um 1800-1945», in Terra plana, 2001, Nr. 4, 9-14
Weblinks
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Zitiervorschlag

Werner Vogler: "Flums", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 09.12.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001353/2013-12-09/, konsultiert am 28.03.2024.