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Carl VitalMoor

Fotografie, um 1920 (Schweizerisches Sozialarchiv, Zürich, F 5048-Fx-001-009).
Fotografie, um 1920 (Schweizerisches Sozialarchiv, Zürich, F 5048-Fx-001-009).

11.12.1852 Freiburg, 14.6.1932 Berlin, kath., später ref., von Vordemwald. Unehel. Sohn der Maria Anna M., Magd, die 1859 den dt. Baron Theodor Frh. Buirette von Oehlefeldt heiratete. 1932 Vera Emeeff, Krankenschwester, aus Moskau. M. wuchs in Aarau, dann in Graz, vermutlich Wien und ab 1864 in Nürnberg auf. Er studierte in Erlangen, Halle, Leipzig und Bern Jura, Staatswissenschaften, Geschichte, Philosophie, Philologie und Anthropologie, schloss aber nie ab. M. entwickelte früh Kontakte zur Sozialdemokratie, 1881 wurde er als Sozialist aus Deutschland ausgewiesen. 1882 trat er in Basel der SP bei, zwei Jahre stand er dem lokalen Arbeiterbund vor. Zwischen März und Ende Nov. 1885 wirkte er als nicht zeichnender Redaktor der bürgerl. "Schweizer Grenzpost". Im selben Jahr wurde er wegen Unzucht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Ab 1889 engagierte sich M. in der Berner Arbeiterbewegung. 1894 wurde er Vorsitzender der Arbeiterunion; bis 1906 war er Redaktor der "Berner Tagwacht". 1896 folgte eine erneute Klage wegen Unzucht, doch sprach ihn das Gericht frei. 1897 wurde M. in den Berner Stadt- und den Berner Grossrat gewählt, denen er bis 1920 bzw. 1922 angehörte. 1908 wurde er Schweizer Vertreter im Internat. Sozialist. Büro in Brüssel, 1909 Präs. der Berner SP. M. war ein Anhänger Lenins, den er 1904 auf dem Sozialistenkongress in Amsterdam kennengelernt hatte. Mit seinem 1908 geerbten Vermögen unterstützte er dessen Partei. Er stellte u.a. den Bolschewiken noch im selben Jahr 150'000 Fr. zur Verfügung. 1917, kurz vor deren Machtübernahme, gewährte er ein grösseres Darlehen. In dieser Zeit war M. auch Vertrauensmann der Mittelmächte (unter den Decknamen Baier, Bayer, Beier oder Alba) und wirkte zugunsten eines Separatfriedens zwischen Russland und Deutschland, gleichzeitig führte er für die Bolschewiken bis 1919 geheime Aufträge aus. Ab 1920 lebte er in Moskau, wo er mit der sowjet. Bürokratie um die Rückzahlung seines Darlehens kämpfte. 1927 gelang ihm dies teilweise. Die letzten Jahre verbrachte er in einem Sanatorium in Berlin.

Quellen und Literatur

  • L. Haas, Carl Vital M., 1970
  • NZZ, 26.1.1999
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VIAF

Zitiervorschlag

Brigitte Studer: "Moor, Carl Vital", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 27.08.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013257/2009-08-27/, konsultiert am 19.03.2024.