de fr it

Oberegg

Bezirk des Kantons Appenzell Innerrhoden, mit sämtlichen Funktionen einer Gemeinde. Oberegg liegt im hügeligen Streusiedlungsgebiet nordöstlich von Appenzell im äusseren Landesteil des Kantons gegen das Rheintal. Gebildet wird der Bezirk (das sogenannte Äussere Land) vom gleichnamigen Dorf, den Weilern Büriswilen, Kapf, Eschenmoos und St. Anton sowie zahlreichen Einzelhöfen. Der durch die Ausserrhoder Gemeinde Reute zweigeteilte Bezirk ist auch eine innerrhodische Exklave. Der Name Oberegg steht seit dem Bestehen der Kirche 1655 für die ganze Gebietskörperschaft (Rhoden); er taucht als Weilerbezeichnung bereits im Wegbrief von 1470 auf. 1850 2141 Einwohner; 1900 2652; 1910 2862; 1950 2197; 2000 1796; 2010 1892; 2020 1926.

In der spät besiedelten Gegend erscheinen eine grosse Zahl von Rodungs- und Hofnamen mit Wildtieren als Namenselementen. Grundherr war meistenorts der Abt von St. Gallen, doch gehörten Teile des heutigen Gebiets den Herren von Rosenberg-Berneck (von Rorschach) und dem Meier von Altstätten, einem Zweig der Herren von Altstätten. Aus dem 13. Jahrhundert stammt die Burg Hochaltstätten. Die Bewohner wurden Anfang des 15. Jahrhunderts ins Landrecht von Appenzell aufgenommen und bildeten fortan einen Teil der ausgedehnten Rhode Trogen. Um 1535 war die territoriale Aufsplitterung weitgehend abgeschlossen und das Gebiet an den Landmarchen gegen das Rheintal in die drei Unterrhoden Kurzenberg, Hirschberg und Oberegg (mit eigenen Hauptleuten) gegliedert. Mit der Teilung des Landes Appenzell 1597 gelangten Hirschberg und Oberegg zu den katholischen inneren Rhoden und bildeten die Doppelrhode Hirschberg-Oberegg. Deren katholische Einwohner waren nach Altstätten, Berneck und Marbach kirchgenössig. Der Kirchenbau 1655 im Gebiet des Hofs Oberrickenbach förderte die Dorfbildung. Durch bischöfliches Dekret lösten sich die Katholiken noch im gleichen Jahr von den rheintalischen Mutterpfarreien ab und bildeten eine selbstständige Pfarrei. 1817 brannte die alte Kirche nieder. Das heutige Gotteshaus wurde 1870-1871 im neuromanischen Stil erbaut, und nur das Turmuntergeschoss stammt noch aus dem 17. Jahrhundert. Die Kantonsgrenze zwischen der Gemeinde Reute (AR) und dem Innerrhoder Bezirk Oberegg wurde 1870 durch einen Bundesbeschluss definitiv festgelegt. Seit der Einführung der Kantonsverfassung von 1872 bildet Oberegg einen der sechs Bezirke von Appenzell Innerrhoden und stellt ein eigenes Bezirksgericht. Die von der Bezirksgemeinde (seit 1968 durch Urnenabstimmung) gewählten Oberegger Mitglieder des Grossen Rats von Innerrhoden (Parlament) bilden zum Teil die Ratsbehörde des Bezirks (Gemeindebehörden), welcher der Bezirkshauptmann als Präsident vorsteht (Gemeindepräsident).

Zur herkömmlichen Landwirtschaft mit Viehzucht, Acker- und Obstbau trat ab dem 16. Jahrhundert die Heimweberei (Heimarbeit), die Leinen, ab dem 18. Jahrhundert Baumwollstoffe und Seidenbeuteltuch produzierte. Nach 1850 erfolgte der Übergang zur Maschinenstickerei (Sticklokale). 1852-1974 verfügte Oberegg über eine eigene Bierbrauerei. Ab 1950 liessen sich verschiedene industrielle Betriebe in Oberegg nieder. Mit dem Skiliftbau 1965 gewann das Dorf auch als Skigebiet an Bedeutung. 2000 war die berufliche Mobilität beachtlich, 58% der Erwerbstätigen waren Wegpendler, die vor allem nach St. Gallen, ins Ausserrhodische und ins Rheintal zur Arbeit gingen. 2005 stellte der 1. Sektor 22%, der 2. 50% und der 3. 28% der Arbeitsplätze in Oberegg. Bereits im dichten Wegnetz des Mittelalters nahm die Strasse über den Ruppen als Verbindung zwischen Altstätten und St. Gallen eine herausragende Rolle ein. Sie blieb die bedeutendste Ausfallstrasse von Oberegg, da der Ort nicht an das Eisenbahnnetz angeschlossen ist.

Quellen und Literatur

  • Regierungen der beiden Halbkantone Appenzell (Hg.): Appenzeller Geschichte. Zur 450-Jahrfeier des Appenzellerbundes 1513-1963, 3 Bde., 1964-1993.
  • Fischer, Rainald: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Innerrhoden, 1984.
  • Bischofberger, Ivo: Grenzstreitigkeiten zwischen Appenzell Ausser- und Innerrhoden, 1990.
Von der Redaktion ergänzt
  • Hänggi-Aragai, David; Fuchs, Thomas: Oberegger Geschichte. Der äussere Landesteil von Appenzell Innerrhoden, 2018 (Innerrhoder Schriften, 18).
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Ivo Bischofberger: "Oberegg", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.08.2009. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001318/2009-08-12/, konsultiert am 17.04.2024.