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Hinduismus

Der Hinduismus ist ein Kollektiv von Religionen verschiedener Ausprägung, die sich auf die Veden, die altindischen heiligen Texte, berufen. Die meisten Hindureligionen weisen folgende Gemeinsamkeiten auf: die Verehrung der Veden, der Glaube an Gott, die Verankerung im Kastensystem, das Vertrauen zu einem Seelenführer, der Glaube an die Wiedergeburt und das starke Gewicht, das dem Ritual beigemessen wird. In der Schweiz ist der Hinduismus als Minderheitenreligion nach der Einwanderung von Menschen aus Sri Lanka, Indien, Nepal und Bali seit den 1980er Jahren präsent. Die zahlenmässig grösste Gruppe bilden die rund 30'000 tamilischen Hindus (2001), deren alltägliche religiöse Handlungen weitgehend im privaten Raum stattfinden. Die seit den 1990er Jahren entstandenen Tempel befinden sich in allen drei Landesteilen (z.B. in Adliswil, Muttenz, Lugano, Genf) und sind unter anderem Ganesh oder Murukan-Subramanyam geweiht. Hinduistische Hauptfeste finden jeweils im Sommer statt und ziehen bis zu 3000 Gläubige an. Aufgrund ihres Bedürfnisses nach heiligen Bildern, Statuen und Figuren besuchen tamilische Hindus auch christliche Wallfahrtsorte, insbesondere Einsiedeln, Mariastein (Gemeinde Metzerlen-Mariastein) und Madonna del Sasso (Gemeinde Orselina). Neben den Tamilen haben auch Inder in der West- und der Deutschschweiz Gruppen gebildet, in denen sie ihre Religion aktiv pflegen.

Bereits seit den 1920er Jahren integrierten neuhinduistische Gruppen unterschiedliche Aspekte der Hindureligionen (u.a. Karma, Wiedergeburt, Yoga, Vedanta, Tantra) in ihre Lehre oder Praxis. So verbreitete sich 1929 und 1930 über die von Romain Rolland verfassten und auch auf Deutsch übersetzten Biografien des Mystikers Ramakrishna (1836-1886) und dessen Schülers Vivekananda (1862-1902) neuhinduistisches Gedankengut in der Schweiz. Seit den 1920er Jahren wurden verschiedene Yoga-Schulen eröffnet, die sich 1997 in der Schweizerischen Yogagesellschaft (SYG) vereinten. Das 1965 vom indischen Mönch Swami Omkarananda gegründete Divine Light Zentrum in Winterthur, dessen Spiritualität hauptsächlich auf dem Yoga beruht, zählte 2001 in Deutschland, Österreich und der Schweiz rund 100 Mitglieder. 1972 wurde die Hare-Krishna-Bewegung (ISKCON) mit Tempeln in Zürich und Lugano ins Leben gerufen. Deren Ziel ist es, die vedische Weisheit zu studieren und anderen zugänglich zu machen. Die Bewegung zählte 2000 in der Schweiz rund 250 Aktivmitglieder und ca. 1500 Sympathisanten. Weitere neuhinduistische, sich auf Gurus berufende Gruppen sind unter anderem Ananda Marga (seit 1972), die Brahma-Kumaris-Bewegung (seit 1980), die Osho-Rajneesh-Bewegung (seit 1974, auch Bhagwan-Rajneesh-Bewegung genannt) und die Sathya-Sai-Vereinigung (seit 1980). Hinduistisches Gedankengut und Meditationspraktiken wurden insbesondere seit den 1960er Jahren auch ausserhalb von neuhinduistischen Gruppierungen rezipiert.

Quellen und Literatur

  • O. Eggenberger, Die Kirchen, Sondergruppen und religiösen Vereinigungen, 61994, 247-278
  • C. MacDowell, A Tamil Asylum Diaspora, 1996
  • Tempel und Tamilen in zweiter Heimat, hg. von M. Baumann et al., 2003
Weblinks

Zitiervorschlag

Marianna Kropf: "Hinduismus", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 18.12.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013174/2007-12-18/, konsultiert am 29.03.2024.