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Schwende

Blick auf die Streusiedlung Schwende mit dem Alpstein im Hintergrund. Ansichtskarte nach einer Bauernmalerei von Ruth Rupp, um 1990 (Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden, Trogen).
Blick auf die Streusiedlung Schwende mit dem Alpstein im Hintergrund. Ansichtskarte nach einer Bauernmalerei von Ruth Rupp, um 1990 (Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden, Trogen).

Ehemaliger Bezirk des Kantons Appenzell Innerrhoden, 2022 mit Rüte zum Bezirk Schwende-Rüte fusioniert. Der Bezirk Schwende umfasste die südwestlich der Sitter gelegenen Teile des Orts Appenzell (u.a. das nach 1958 angelegte Quartier Forren), das sich weiter südlich erstreckende Streusiedlungsgebiet Schwende, den westlich des Schwendebachs bzw. der Sitter und südlich des Brüelbachs gelegenen Teilen des Strassendorfs Weissbad, Wasserauen sowie den grössten Teil des Alpsteins bis zum Gipfel des Säntis. Zu Schwende gehörten nicht nur die eigene Kirch- und die Schulgemeinde, sondern auch Teile derjenigen von Appenzell und Brülisau. Der Bezirk (Gemeinde) ging 1873 aus der gleichnamigen Rhode hervor, die wohl zwischen 1204 und 1220 entstanden war. Sitz der Verwaltung war Weissbad. Rhode Schwende: 1801 799 Einwohner; 1850 1101; Bezirk Schwende: 1900 1299, 1950 1410; 2000 1935; 2010 2146; 2020 2254.

Schwende: Situationskarte 2021 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2022 HLS.
Schwende: Situationskarte 2021 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2022 HLS.

Zahlreiche Steinwerkzeuge aus Ölquarzit und Radiolarit aus den Höhlen im Wildkirchli – dieser Name stammt von der in einer der Grotten im 17. Jahrhundert eingerichteten Kapelle – belegen sommerliche Jagdzüge der Neandertaler ins Gebirge. In Schwende stand neben der Pfarrkirche ein Turm, der womöglich Sitz der Herren von Doppelstein – einem Ministerialengeschlecht des Abts von St. Gallen – war. Nach einer Sage sollen ihn die Schwendner zerstört (vor 1830 waren noch Überreste auszumachen) und damit die Appenzeller Kriege (1401-1429) ausgelöst haben. Dies war eventuell einer der Gründe, weshalb die Rhode Schwende noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts gelegentlich eine gewisse Vorrangstellung gegenüber den anderen inneren Rhoden beanspruchte. Schwende wurde 1767 Filialkuratie von Appenzell (Taufrecht 1768) und erst 1914 eine selbstständige Pfarrei. Die 1766-1767 anstelle einer Kapelle von 1623 errichtete Kirche wurde 1928-1929 durch einen neubarocken Bau von Adolf Gaudy ersetzt (1877 Patroziniumswechsel von Allerheiligen zu St. Martin). Um die Filialkirche und das Schulhaus von 1890 scharten sich in Schwende mit der Zeit einige Gasthäuser und Läden. Der Badetourismus in Weissbad (Rietli) ist seit 1740 belegt (Bäder). Im 19. und frühen 20. Jahrhundert entwickelte sich Weissbad zu einem gehobenen Kurort. Im übrigen Bezirk entstanden ab Mitte des 19. Jahrhunderts weitere touristische Betriebe, darunter auch viele Berggasthäuser (u.a. 1846 die Wirtschaft auf dem Säntis) und einige Gewerbeunternehmen. Lange Zeit herrschte in Schwende die Viehwirtschaft vor, bis weit ins 20. Jahrhundert blühte die Handstickerei als Nebenerwerb der Bäuerinnen. Erschlossen wird der Bezirk durch die Strasse von Appenzell nach Wasserauen, die 1867-1869 angelegt wurde. Die Säntisbahn (ab 1947 Teil der Appenzeller Bahnen) eröffnete 1912 die Strecke zwischen Appenzell und Wasserauen. Die Luftseilbahn Wasserauen-Ebenalp verkehrt seit 1955.

Quellen und Literatur

  • Bürke, Josef Anton: Geschichtliches über die neue Pfarrei St. Martin in Schwende (App. J.-Rh.), 1933.
  • Signer, Jakob: «Chronik der Appenzell I.-Rh. Liegenschaften», in: Appenzellische Geschichtsblätter, 7-10, 1945-1948.
  • Regierungen der beiden Halbkantone Appenzell (Hg.): Appenzeller Geschichte. Zur 450-Jahrfeier des Appenzellerbundes 1513-1963, Bd. 1, 1964; Bd. 3, 1993.
  • Fischer, Rainald: Die Kunstdenkmäler des Kantons Appenzell Innerrhoden, 1984, S. 391-397.
Weblinks
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VIAF

Zitiervorschlag

Hermann Bischofberger: "Schwende", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.11.2022. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001317/2022-11-14/, konsultiert am 29.03.2024.