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MatthäusSchiner

um 1465 Mühlebach (heute Gemeinde Ernen), 30.9./1.10.1522 Rom. Sohn des Peter, Bergbauern und Zimmermanns, und der Anna Welschen oder der Magdalena (Nachname unbekannt). Neffe von Bischof Niklaus (->). Studium in Sitten und Como, 1489 Priesterweihe in Rom, Kaplan von Ernen, Notar. Ab 1492 Kanzler des Walliser Landschreibers Georg Supersaxo, 1496 Pfarrer von Ernen und nicht residierender Domherr von Sitten, 1497 Dekan von Valeria, 1499 Nachfolger seines Onkels als Bischof von Sitten und Graf von Wallis.

Die Machtübergabe innerhalb der Familie Schiner 1499, dargestellt in der Luzerner Chronik von Diebold Schilling, 1513 (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung, Eigentum Korporation Luzern).
Die Machtübergabe innerhalb der Familie Schiner 1499, dargestellt in der Luzerner Chronik von Diebold Schilling, 1513 (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung, Eigentum Korporation Luzern). […]

Im ersten Jahrzehnt seines Episkopats führte Matthäus Schiner kirchliche Reformen durch und erliess Weisungen für Klerus und Volk. Als Landesherr sorgte er in der Grafschaft Wallis für Ruhe und Ordnung und war auch aussenpolitisch ein kluger Taktiker. So verlängerte er 1507 den Waffenstillstand mit Savoyen um 15 Jahre. Da Schiner offen auf die Koalition zwischen Mailand, dem Kaiser und dem Papst setzte und Frankreich mit allen Mitteln von der Lombardei fernzuhalten versuchte, nahm auch die römische Kurie sein diplomatisches Geschick zunehmend in Anspruch: 1507 war er päpstlicher Gesandter am Reichstag in Konstanz und 1508 Richter im Jetzerhandel in Bern. 1510 bewog er die Eidgenossen dazu, Papst Julius II. in Oberitalien gegen Frankreich zu unterstützen. Da Georg Supersaxo gleichzeitig drei Walliser Zenden zu einem Bündnis mit Frankreich überredete, eskalierte der nach Supersaxos Seitenwechsel 1505 schwelende Konflikt im Wallis, den Schiner 1510 vorerst für sich entschied. Als Anerkennung seiner diplomatischen Dienste ernannte ihn Julius II. 1511 zum Kardinal von St. Pudentiana. Im selben Jahr floh Schiner vor seinen Gegnern aus dem Wallis nach Rom, wo er an der gegen Frankreich gerichteten Heiligen Liga zwischen dem Papst, Venedig und dem König von Spanien arbeitete, der später auch England beitrat. 1512 ernannte Julius II. Schiner zunächst zum Legaten bei den Eidgenossen, später zum Administrator der Diözese Novara. Ebenfalls 1512 vertrieb Schiner mit Hilfe eidgenössischer Söldner die Franzosen im Pavierzug aus der Lombardei und erwirkte mit den Eidgenossen die Einsetzung von Massimiliano Sforza als Herzog von Mailand. 1515 war Schiner massgeblich am Abschluss der vor allem gegen die Türken gerichteten Heiligen Allianz beteiligt. Papst Leo X. übertrug Schiner den Oberbefehl über das päpstliche Heer. Die Niederlage in der Schlacht von Marignano 1515 schwächte Schiners Stellung und im Wallis gewannen die Anhänger Supersaxos die Oberhand. 1519 setzte er sich mit Erfolg für die Wahl Karls V. zum römisch-deutschen König ein. Nach dem Abschluss des Offensivbündnisses gegen Frankreich zwischen Karl V. und Leo X. eroberte Schiner 1521 mit einem eidgenössischen Heer Mailand zurück. Als der Papst im gleichen Jahr starb, wurde Schiner mit der Verwaltung des Kirchenstaats betraut. Seine Kandidatur scheiterte trotz der Unterstützung Karls V. am Widerstand der französischen Kardinäle. Im Konklave stand Schiner 1522 auf der Seite Hadrians von Utrecht, der als Hadrian VI. zum Papst gewählt wurde. Im selben Jahr starb Schiner an der Pest.

Quellen und Literatur

  • A. Büchi, Kardinal Matthäus Schiner als Staatsmann und Kirchenfürst, 2 Bde., 1923-1937
  • D. Reichel, «Mathieu Schiner (vers 1465-1522), cardinal et homme de guerre», in Actes du Symposium 1986, 1987, 1-20
  • HS I/5, 230-240
Weblinks
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GND
VIAF

Zitiervorschlag

Bernard Truffer: "Schiner, Matthäus", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 20.11.2012. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012963/2012-11-20/, konsultiert am 28.03.2024.