de fr it

Schleitheim

Politische Gemeinde des Kantons Schaffhausen, Bezirk Schleitheim, im Seitental der Wutach, zwischen dem Staufenberg und dem Westabhang des Randen gelegen. Bis 1999 Bezirkshauptort. 995 Sleitheim. 1530 ca. 250 Einwohner; 1798 1468; 1836 2289; 1850 2476; 1900 1893; 1950 1529; 2000 1779.

Früheste Siedlungsspuren stammen aus dem 2. Jahrhundert v.Chr. Eine kontinuierliche Besiedlung lässt sich aber erst ab dem Frühmittelalter nachweisen. Schleitheim lag an der Römerstrasse Zurzach-Hüfingen (Baden, D). Wichtigster Fund aus der Römerzeit ist der Vicus Iuliomagus. In der Nähe des heutigen Friedhofs wurde 1867 ein alemannisches Gräberfeld gefunden. Teile der frühmittelalterlichen Siedlung wurden 1992 untersucht. Sie lag vom Gräberfeld durch den Rachistelbach getrennt auf einer Hochterrasse oberhalb des Schleitheimerbachs, an dem Schleitheim später zu liegen kam. 970 schenkte Herzog Burkhart III. von Schwaben Grund- und Gerichtsherrschaft Schleitheim zusammen mit Beggingen dem Kloster Reichenau. Die vom Abt verliehene Vogtei teilten sich im Spätmittelalter die Herren von Randegg-Neuenegg und die Grafen von Lupfen. 1438 kam das Schaffhauser Heiliggeistspital in den Besitz des Neuenegger Anteils der Vogtei. 1530 erwarb Schaffhausen durch Tausch von den Grafen von Lupfen die niedere und hohe Gerichtsbarkeit mit Ausnahme des 1491 nach einem Schiedsspruch den Lupfen zugesprochenen westlichen Teils von Schleitheim. Bis 1798 bildeten Schleitheim und Beggingen die Schaffhauser Obervogtei Schleitheim. Das Dorf erlitt im Schwabenkrieg 1499 und im Dreissigjährigen Krieg 1633 schwere Verwüstungen. Das Grossherzogtum Baden war als Nachfolger der Grafen von Lupfen im Besitz des Hochgerichts über Gatter- und Westerholz, das 1839 im Tausch gegen das Hochgericht über Epfenhofen an Schleitheim kam. Seither bildet die Wutach die Grenze zu Deutschland.

Eine erste Kirche ist um 600 nachgewiesen, erstmals erwähnt wird die Marienkirche 973. Die heutige reformierte Kirche stammt vom Kantonsbaumeister und Architekten Johann Christoph Bahnmaier und wurde 1870 eingeweiht. Das Pfarrhaus war ehemals das Amtshaus des Klosters Reichenau. Bis 1643 gehörte auch Beggingen zur Pfarrgemeinde. 1527 verabschiedeten Schweizer Täufer in Schleitheim die Schleitheimer Artikel.

1798-1803 gehörte Schleitheim zum Distrikt Neunkirch und war danach wieder eigenständig. Bezirk, Gerichtsbezirk und Wahlbezirk waren nicht deckungsgleich. Der Gerichtsdistrikt bzw. -bezirk, der auch Beggingen und Siblingen umfasste, bestand 1803-1999. Seit 1951 gehört Schleitheim zum Wahlkreis Klettgau.

Vor der Industrialisierung war Schleitheim ein Bauerndorf mit Kleinhandwerk. Die Wutach wurde für die Flösserei genutzt. Schleitheim erlebte im 19. Jahrhundert eine wirtschaftliche Blüte, wovon zahlreiche private Wohnhäuser im Dorfkern zeugen. Entlang der Wutach wurde unter anderem eine Leinenspinnerei und eine Weberei errichtet. Die abgelegene Lage Schleitheims verhinderte jedoch eine dauerhafte Ansiedlung von Industriebetrieben. Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts profitierte Schleitheim vom Abbau von Gips, der zum Düngen verwendet wurde. 1838 wurde die Ersparniskasse des Bezirks Schleitheim gegründet, die sich 1998 mit anderen Banken zur BS Bank Schaffhausen zusammenschloss. Seit 1858 ist in Schleitheim mindestens eine Zeitung präsent. Aus dem 1870 gegründeten «Schleitheimer Boten» ging 2009 die «Schaffhauser Landzeitung» hervor. Schleitheims Einsatz für die Linienführung der 1863 eröffneten Bahnverbindung von Schaffhausen nach Basel durch die Gemeinde war erfolglos. Die Strassenbahn, die Schleitheim ab 1905 mit Schaffhausen verband, wurde 1964 durch einen Busbetrieb ersetzt. Der Lehrer Martin Heusi gründete ca. 1815 die erste Schule. Schon früh hatte Schleitheim einen Verkehrsverein, der 1909 den Schleitheimer Randenturm, einen Aussichtsturm, errichtete. Schleitheim ist auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts noch bäuerlich und handwerklich geprägt. 2009 gab es 43 landwirtschaftliche Betriebe mit 1354 ha Nutzfläche. Die Pendlerbilanz ist negativ, die Wegpendler arbeiten vor allem in Schaffhausen und Neuhausen am Rheinfall.

Quellen und Literatur

  • C. und H. Wanner, Gesch. von Schleitheim, 1932
  • Kdm SH 3, 1960, 227-242
  • Schib, Schaffhausen
  • SchaffGesch. 1-3
  • A. Burzler et al., Das frühma. Schleitheim, 2 Bde., 2002
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Martin Akeret Weishaupt: "Schleitheim", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 30.08.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001283/2011-08-30/, konsultiert am 18.04.2024.