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Oberdorf (BL)

Politische Gemeinde des Kantons Basel-Landschaft, Bezirk Waldenburg. Bis in die 1930er Jahre Strassenzeilendorf im Waldenburger- oder Vorderen Frenkental, an der Passstrasse über den Oberen Hauenstein gelegen, mit 13 seit dem frühen 19. Jahrhundert gegründeten Einzelhöfen. Ursprünglich wie Niederdorf Dorfteil des Ende des 13. Jahrhunderts abgegangenen Onoldswil. 835 Honoltesuuilare, 1345/89 Onoltzwil in dem obern [...] dorff, 1491 Oberdorf. 1497 92 Einwohner; 1699 318; 1743 348; 1798 473; 1850 743; 1900 801; 1950 1362; 2000 2319.

Blick ins Waldenburger- oder Vordere Frenkental, um 1750. Kupferstich von Jacques-Anthony Chovin nach einer Zeichnung von Emanuel Büchel (Universitätsbibliothek Bern, Sammlung Ryhiner).
Blick ins Waldenburger- oder Vordere Frenkental, um 1750. Kupferstich von Jacques-Anthony Chovin nach einer Zeichnung von Emanuel Büchel (Universitätsbibliothek Bern, Sammlung Ryhiner). […]

Fundamente einer römischen Villa (1. Jh.) wurden bei zHof, zwei Becken eines römischen Bads unweit des ehemaligen Bads entdeckt. Onoldswil, einer der frühest bezeugten auf -wil endenden Orte, fiel im 12. Jahrhundert mit dem Herrenhof des Klosters Murbach an die Frohburger, 1265 mit der Herrschaft Waldenburg an den Bischof und 1400 an die Stadt Basel. Sein Gebiet reichte vom Helfenberg im Süden über Hölstein hinaus im Norden. Weil sich die Mönche des Klosters Schöntal einen Teil durch Rodungen aneigneten, gerieten sie Mitte 12. Jahrhundert in Konflikt mit dem Pfarrer von Onoldswil. Die Gründung von Waldenburg brachte ausser einem weiteren Gebiets- einen erheblichen Bedeutungsverlust für Onoldswil. Vom Bergrutsch am Dielenberg von 1295 berichten die Annalen von Colmar als einzige Quelle nur, dass die Frenke gestaut und die Kirche überschwemmt wurde. Nach der Katastrophe konzentrierte sich die Siedlung unterhalb (Niederdorf) und oberhalb (Oberdorf) der verschütteten Talenge. Die Trennung der Dorfbänne kam Ende des 16. Jahrhunderts zum Abschluss. 1649 verlegte Basel die Deputatenschule, die mit obrigkeitlichen Mitteln finanziert wurde, von Waldenburg nach Oberdorf. Dieses galt im Bauernkrieg 1653 als Hochburg der Aufständischen und stellte mit Uli Schad einen der Hauptanführer.

Um die Kirche von Onoldswil bildete sich die lange einzige Pfarrei im Waldenburgertal, die der Basler Rat 1535 im Gefolge der Reformation (1529) auflöste. Im 8. oder 9. Jahrhundert war die Kapelle St. Michael und in deren Nähe vermutlich um 1100 der 1295 überschwemmte romanische Bau entstanden, der im 14. und 15. Jahrhundert durch die heute noch immer zwischen Oberdorf und Niederdorf stehende spätgotische Kirche St. Peter ersetzt wurde.

Wegen des Passverkehrs über den Hauenstein lebten in Oberdorf neben der bäuerlichen Bevölkerung auch Karrer, Seiler, Wagner und Schmiede. Mitte des 18. Jahrhunderts bestanden neben der Mühle eine Säge, eine Hanfreibe und eine Öltrotte. Das seit Mitte des 15. Jahrhunderts bekannte Bad – das heutige Gebäude geht auf das 17. Jahrhundert zurück – wurde bis ins 19. Jahrhundert betrieben. 1908-1951 diente die Quelle zur Abfüllung von Mineralwasser (Marke Jura), dann machte das Unternehmen Konkurs. Vor der Verbauung trat die Frenke mehrmals über die Ufer, zum Beispiel 1830 und 1926. Oberdorf gehörte früh zu den Zentren der Seidenbandweberei; 1754 zählte es 25 Webstühle, 1770 47, 1786 58, 1856 69 und 1908 noch 20. Wegen der Bindung an Basler Verleger wandte es sich gegen die Kantonstrennung und wurde 1833 gegen seinen Willen dem Kanton Basel-Landschaft angeschlossen. Anlässlich der sogenannten Staatskassenaffäre 1798 und des sogenannten Waldenburger Aufruhrs, den die Absetzung des beliebten, aber nicht genügend qualifizierten Pfarrers Friedrich Jäck durch die Regierung 1834 ausgelöst hatte, erfolgten jeweils militärische Expeditionen gegen die aufgebrachten Einwohner. Die Eisenbahn Basel-Olten zog den Fernverkehr vom Oberen Hauenstein ab; die regionale Erschliessung sicherte ab 1880 die Waldenburger Bahn (Schmalspur). Im 19. und frühen 20. Jahrhundert baute man am Edlisberg Gips ab. Den Rückgang der Heimweberei kompensierten ab 1856 zwei Bandfabriken, ab Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Fabriken für Uhren, Uhrenbestandteile, Decolletage sowie Feinmechanik und seit Ende des 20. Jahrhunderts solche für Medizinaltechnik. Seit 1902 besteht eine Elektrizitätsversorgung. Die hauptberuflich betriebene Landwirtschaft hatte wegen der Heimarbeit früh an Bedeutung verloren und war schon in den 1960er Jahren fast völlig verschwunden. Oberdorf blieb auch Anfang des 21. Jahrhunderts ein Industriedorf mit vielen Weg- und Zupendlern; 2005 stellte der 2. Sektor noch immer 63% der Arbeitsplätze.

Quellen und Literatur

  • Oberdorf im Baselbieter Jura, 1993
Von der Redaktion ergänzt
  • Gampp, Axel; Sommerer, Sabine: Der Bezirk Waldenburg, 2014, S. 244-265 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Landschaft, 4). 
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Bernard Degen: "Oberdorf (BL)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.09.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001256/2010-09-14/, konsultiert am 19.03.2024.