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Iuliomagus

Römischer Vicus in der Gemeinde Schleitheim SH im Tal des Zwerenbaches, einem Seitental der Wutach, am Fusse des Randens gelegen. Der Name, der einzig durch die Tabula Peutingeriana bezeugt ist, lässt eine frühe römische Neugründung oder Umbenennung eines keltischen Ortes vermuten. Obwohl keltische Spuren aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. vorliegen, sind spätlatène- und frühkaiserzeitliche Funde bisher noch nicht nachgewiesen. Die frühesten römischen Funde weisen darauf hin, dass der Vicus erst nach der Mitte des 1. Jahrhunderts n.Chr. an der römischen Strasse von Tenedo (Zurzach) nach Brigobannis (Hüfingen, Baden, D) errichtet worden ist.

Erste römische Streufunde wurden bereits im frühen 19. Jahrhundert bekannt. 1860-1871 sowie 1885-1898 erfolgten Ausgrabungen durch den Historisch-Antiquarischen Verein Schaffhausen, kleinere Untersuchungen später durch den Heimatkundeverein Schleitheim. 1974-1975 wurden die Thermen freigelegt, die seit 1976 unter einem Schutzbau konserviert und für den Besucher zugänglich sind. 2000 wurde der umfangreiche Tempelbezirk unter Schutz gestellt. Aufgrund der zahlreichen Untersuchungen ist die Anlage der römischen Siedlung recht gut erkennbar. Der Vicus entwickelte sich beidseits der parallel zum Bach von Südosten nach Nordwesten verlaufenden Römerstrasse innerhalb eines ca. 1000 m langen und 100-200 m breiten Streifens in den Fluren Im Boden, Salzbrunnen und Z'underst Wyler. Im Zentrum der Strassensiedlung östlich des Baches lagen die Thermen und weitere öffentliche Steingebäude (u.a. Magazinbauten und Mansio). Die übrigen Bauten entlang der Strasse waren Wohn- und Werkbauten, sogenannte Streifenhäuser, anfänglich in Schwellbalken- bzw. Ständerbautechnik mit Lehm- oder Bohlenwänden, später als Fachwerkbauten mit Steinfundament errichtet.

Westlich des Baches in der Flur Hinder Muren befanden sich weitere Bauten in leichter Hanglage. Im Süden lag hier ein grosser Tempelbezirk. Der 1860 entdeckte Haupttempel mass 16,5 x 21 m; er war auf einer Geländeterrasse errichtet, die eine Mauer talseitig stützte. Auf der Ostseite besass das Heiligtum eine 7 m breite Freitreppe, die zu einer Portikus hinaufführte. Ein kleinerer Umgangstempel und weitere Kleinbauten, möglicherweise Altar- und Weihehäuser, traten erst dank archäologischer Luftaufnahmen zu Tage. Die Zweckbestimmung der Gebäude nördlich des Tempelbezirks ist bisher nicht bekannt. Die Luftbilder zeigen, dass die Bauten ebenfalls von einer Mauer eingefasst werden.

Die Fülle der Kleinfunde belegt ein rasches Wachstum des Vicus im späten 1. und frühen 2. Jahrhundert; danach ist ein schneller Zerfall der Siedlung zu verzeichnen. Die folgende Zeit bis zur alemannischen Landnahme um 350 n.Chr. hinterliess kaum mehr Spuren. Ähnliche Befunde ergeben die drei Gutshöfe Vorholz, Brüel und Lendenberg, die im Gemeindegebiet von Schleitheim liegen.

Quellen und Literatur

  • J. Bürgi, Schleitheim – Iuliomagus: die röm. Thermen, 1985
  • R. Frei-Stolba, «Erwägungen zum Ortsnamen Iuliomagus – Schleitheim, Kt. Schaffhausen (Schweiz)», in Fundber. Baden-Württemberg 12, 1987, 371-387
  • J. Bürgi, Iuliomagus – römisch Schleitheim: die öffentl. Thermen, 1989
  • J. Trumm, Die römerzeitl. Besiedlung am östl. Hochrhein, 2002

Zitiervorschlag

Markus Höneisen: "Iuliomagus", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.02.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012284/2008-02-14/, konsultiert am 29.03.2024.