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Thermen

Römische Thermen dienten als allgemein zugängliche Orte der Hygiene, der Entspannung und des Wohlbefindens und waren zugleich Ausdruck der römischen Kultur sowie der Macht des Imperiums. Sie waren ein unverzichtbares Element des Stadtlebens und Stadtbilds; jede Stadt und wohl auch die meisten Ortschaften – unabhängig davon, ob diese als vici nachgewiesen sind oder nicht – verfügten über mindestens eine Badeanlage. Wenngleich in erster Linie als Ort für Bäder, körperliche Übungen und Körperpflege gedacht, kam den Thermen auch eine kulturelle und soziale Bedeutung zu: Besucher konnten dort auch Bibliothek und Museum aufsuchen, sich Reden und Diskussionen anhören, Beziehungen knüpfen und Geschäfte abschliessen. Die meisten Thermen im Gebiet der heutigen Schweiz waren gemäss einem Plan mit festgelegter Reihenfolge konzipiert, in dem Umkleideraum (apodyterium), Kaltwasserbad (frigidarium), Abkühlraum (tepidarium), Warmwasserbad (caldarium) sowie manchmal Dampfschwitzbad (sudatorium) aufeinander folgten. Gymnastikraum (palestra), Räume für Körperpflege und geistige Betätigung sowie Latrinen ergänzten die Anlagen.

Die ältesten Thermen in der Schweiz sind die zu Beginn des 1. Jahrhunderts n.Chr. in Tarnaiae (Massongex) gebauten, mit Mosaiken versehenen Anlagen sowie jene in Aventicum (Avenches) von 29 n.Chr. Augusta Raurica (Augst) zählte mindestens zwei grosse, Aventicum drei, Colonia Iulia Equestris (Nyon) nach heutigem Forschungsstand eine und Forum Claudii Vallensium (Martigny) zwei Anlagen, zu denen jene in der Raststation (mansio) für Reisende und Pilger im südwestlichen Teil des sogenannten temenos noch hinzukamen. Auch in mehreren Ortschaften wurden Thermen ausgegraben, so auf der Engehalbinsel bei Bern und in Iuliomagus (Schleitheim). Weiter fanden sich Bäderanlagen in Militärlagern wie Vindonissa (Windisch), in Heilbädern wie Aquae Helveticae (Baden) und in Gewässern geweihten Kultstätten wie dem Heiligtum Grienmatt in Augusta Raurica. Bäderanlagen, die zu Privathäusern (domus) und vor allem zu Gutshöfen (villae) wie Sargans, Seeb oder Orbe gehörten, bezeichnete man als balnea. Das System der Fussboden- und Wandheizung (Hypokaust), die Gewölbe in römischem Gussmauerwerk, das dem modernen Beton ähnelte, und die mithilfe von Aquädukten perfektionierte Wasserführung erlaubten beim Thermenbau grosse architektonische Freiheiten.

Quellen und Literatur

  • P. Gros, L'architecture romaine 1, 1996 (22002)
  • SPM 5, 116-119
Weblinks

Zitiervorschlag

Daniel Paunier: "Thermen", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 22.08.2012, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012085/2012-08-22/, konsultiert am 29.03.2024.