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Füllinsdorf

Politische Gemeinde des Kantons Basel-Landschaft, Bezirk Liestal. Alter Dorfkern am Hang des Ergolztales. Im 17. und 18. Jahrhundert entstand unterhalb des Dorfes am linken Ergolzufer die Industriesiedlung Niederschönthal, die heute beinahe vollständig überbaut ist. 825 Firinisvilla, 1225/1226 Vilistorf. 1585 ca. 80 Einwohner; 1770 256; 1850 722; 1900 1051; 1950 1258; 1960 1723; 1970 3104; 2000 4164.

Nördlich des Dorfes (auf dem Birch) wurden neolithische und bronzezeitliche Funde gemacht. Ebenfalls auf dem Birch fand man Hinweise auf eine römische Villa. Die nach Augusta Raurica führende römische Wasserleitung verlief mitten durch den heutigen Gemeindebann. Die Burganlage Altenberg wurde im ersten Drittel des 11. Jahrhunderts von hohen Adligen errichtet, schriftliche Quellen liegen nicht vor. Gesichert ist, dass die Burg noch im gleichen Jahrhundert wieder verlassen wurde. 825 übertrug ein Landbesitzer namens Uppert ein Drittel seines Besitzes in Füllinsdorf dem Kloster St. Gallen. Später gehörte Füllinsdorf dem Bischof von Basel und den Herren von Frohburg. Der bischöfliche Besitz gelangte im 13. Jahrhundert an die Eptinger, die 1277 einen Teil davon dem Kloster Olsberg verkauften. Die Frohburger belehnten die Herren von Schauenburg und verkauften 1355 ihren Anteil dem Bischof von Basel. Mit dem Vertrag von Baden erwarb die Stadt Basel 1585 Füllinsdorf und gliederte es dem Amt Liestal an. Ab 1832 war die Gemeinde Teil des Kantons Basel-Landschaft. Kirchlich gehörte Füllinsdorf zusammen mit Frenkendorf zur Pfarrei Munzach. Vom Mittelalter bis zur Reformation stand in Füllinsdorf eine dem heiligen Gallus geweihte Kapelle. Ab 1765 bildete Füllinsdorf mit Frenkendorf eine Kirchgemeinde, ab 1861 besass es eine Kapelle, 1975-1976 wurde die Kirche gebaut.

Bereits 1373 ist in der Talsohle, die zwischen Füllinsdorf und Frenkendorf liegt, eine Mühle an dem von der Ergolz abgeleiteten Deich erwähnt. 1658 erwarb der Basler Oberstzunftmeister Johann Heinrich Zäslin die 1464 erstmals erwähnte Reinlismühle. Auf dem Umgelände der Mühle wurden ein Eisenwerk mit vier Drahtzügen sowie Kupfer- und Hammerschmieden erbaut. Die neue Industriesiedlung hiess Niederschönthal. Die Eisenindustrie hatte bis 1863 Bestand. In den 1820er und 1830er Jahren entstanden in Niederschönthal drei voneinander unabhängige Baumwollspinnereien (Bölger & Iselin; Stehlin & La Roche; Jakob Plattner). Um 1850 stellten die Firma Bölger und 1855 Stehlin & Iselin auf die Schappeproduktion um. 1906 erwarb Bölger & Ringwald – die Firma hiess inzwischen Florettspinnerei Ringwald – die Schappespinnerei Iselin & Co. 1957 stellte die Ringwald AG ihren Betrieb ein; ebenso verschwand die Arbeitersiedlung. Die Zwirnerei Niederschönthal konnte sich als letzter Betrieb bis 1973 behaupten. 1750 entstand die erste Schule, die inzwischen als Gemeindeverwaltung benutzt wird. 1854 wurde der Betrieb der Centralbahn durch das Ergolztal aufgenommen (Eisenbahnlinie Basel-Liestal). Die erste Station hiess Niederschönthal, was auf die Bedeutung der Spinnerei für das Dorf hinweist. 1936 erfolgte die Umbenennung der Station in Frenkendorf-Füllinsdorf. Ab 1960 entwickelte sich Füllinsdorf zur bevorzugten Wohngemeinde in der Agglomeration Basel mit einem hohen Anteil an Pendlern. In der Folge wurde der ganze Talhang überbaut. Im ehemaligen Industriegebiet entwickelte sich ab 1967 als Erweiterung der Wohnzone eine Gesamtüberbauung mit Hochhäusern, Schulhäusern und Einkaufszentrum. 2000 waren ein Fünftel der Erwerbstätigen im 2. und mehr als zwei Drittel im 3. Sektor tätig.

Quellen und Literatur

  • A. Iselin-Vischer, Die industrielle Entwicklung von Nieder-Schönthal in den letzten 250 Jahren, 1920
  • Kdm BL 2, 1974, 123-135
  • Heimatkunde von Füllinsdorf, 1993
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Brigitta Strub: "Füllinsdorf", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.09.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001207/2010-09-23/, konsultiert am 28.03.2024.