de fr it

AmsoldingenStift

Ehemaliges Kollegiatstift in der Gemeinde Amsoldingen Diözese Lausanne. Im 10. Jahrhundert (?) gegründet, 1222/1223 ecclesia collegiata Ansoltingensis, Mauritiuspatrozinium, 1484-1485 aufgehoben und dem Kollegiatstift St. Vinzenz in Bern inkorporiert.

Zu den Anfängen des Stifts gibt es keine schriftlichen Quellen, vielleicht weil es – und damit sein Archiv – in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts in der Auseinandersetzung zwischen Herzog Berchtold V. von Zähringen und dem Oberland zerstört worden sein soll. Der baugeschichtliche Befund weist auf das 10./11. Jahrhundert. Sicher belegt ist das Stift erst 1228. Die Liste der Pröpste setzt in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts ein. 1273 trat Walter von Wädenswil seinem Sohn, Propst Heinrich von Amsoldingen (1262-1309), die Schirmvogtei über das Stift ab. Nichtsdestoweniger stand das Kapitel im 14. Jahrhundert unter dem Einfluss des Hauses Kyburg, das auch zwei Pröpste stellte: Eberhard II. (1316-1323), der nach dem Mord an seinem Bruder in den weltlichen Stand zurückkehrte und heiratete, sowie sein Sohn Eberhard III. (1333-1392), der unter dem Druck des Vaters als Fünfjähriger zum Propst gewählt wurde. Zu Beginn des 14. Jahrhunderts erlebte das Stift eine kulturelle Blüte, wovon eine Stiftsschule und Statuten von 1310 und 1333 zeugen. Im 15. Jahrhundert geriet das Stift zunehmend in den Interessenbereich der Stadt Bern, welche sich 1479 von Papst Sixtus IV. die Präsentationsrechte der Chorherren in den sogenannten päpstlichen Monaten abtreten liess. Mit päpstlichem Breve vom 14. Dezember 1484 wurde das Stift Amsoldingen aufgehoben und dem neu gegründeten Kollegiatstift St. Vinzenz in Bern inkorporiert. Der Akt wurde in der Folge häufig als Translation des Mauritiusstifts von Amsoldingen nach Bern dargestellt. Der letzte Propst, Burkhard Stör (1467-1485), und die vier verbleibenden Chorherren wurden denn auch in das Vinzenzstift aufgenommen, Stör bis zu seinem Tod im Sommer 1485 als Dekan. Sie verweigerten jedoch die Residenz in Bern bis zum Tod des letzten, Bernhard Wolf (1501). Unterstützt wurden sie dabei von der lokalen Bevölkerung, die sich bis zur Reformation gegen die Herabsetzung ihrer Stiftskirche zur einfachen Pfarrkirche wehrte. In seiner Blütezeit umfasste das Stift Amsoldingen neun Pfründen, fünf grössere für residierende Chorherren und vier kleinere für nicht residierende Chorherren. Eine der grösseren Pfründen war dem Scholastikus vorbehalten, der damit (gemäss den Statuten von 1310) zur Residenz gezwungen war. Das Stift verfügte über eher bescheidenen Grundbesitz am unteren Thunersee sowie über die hohe und niedere Gerichtsbarkeit in Amsoldingen, die nach der Inkorporation an die Stadt Bern gelangten. Das Patronatsrecht der Kirche Hilterfingen verlor das Stift Amsoldingen 1319 nach einem langwierigen Prozess an die Augustiner Chorherren von Interlaken.

Quellen und Literatur

  • HS II/2, 107-119
  • K. Tremp-Utz, Das Kollegiatstift St. Vinzenz in Bern, 1985
  • K. Tremp-Utz, «Gedächtnis und Stand», in SZG 36, 1986, 157-203
  • W. Jacobsen et al., Vorrom. Kirchenbauten, 1991, 25, (Nachtragsbd.)

Zitiervorschlag

Kathrin Utz Tremp: "Amsoldingen (Stift)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 06.06.2002. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012004/2002-06-06/, konsultiert am 28.03.2024.