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Königsfelden

Ehemaliges klarissisch-franziskanisches Doppelkloster, politische Gemeinde Windisch AG. Diözese Konstanz, Ordensprovinz Strassburg. 1309 conventus sanctimonialium ordinis S. Clare monasterii Campiregii, 1313 Küngisvelt, 1332 der convente der minren bruoder ordens des huses ze Chüngesfelt. Gründung 1311. Patrozinium: Maria, Alle Heiligen. Aufhebung 1528.

Das Kloster von Südwesten. Aquarell im sogenannten Wappenbuch Luzern, angelegt von Renward Cysat, 1580 (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung, Ms. 124 fol., fol. 15v).
Das Kloster von Südwesten. Aquarell im sogenannten Wappenbuch Luzern, angelegt von Renward Cysat, 1580 (Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, Sondersammlung, Ms. 124 fol., fol. 15v). […]

Zum Gedenken an die Ermordung König Albrechts I. gründete seine Witwe Elisabeth am Tatort ein Klarissenkloster. 1317-1364 betreute Elisabeths Tochter Agnes, die früh verwitwete Gattin von König Andreas III. von Ungarn, das vornehme, vielfach privilegierte Nonnenstift und brachte es dank wirtschaftlichem, politischem und sozialem Geschick zu hohem Ansehen (erste Klosterordnungen von 1318, 1330, 1335; 1335 46 Schwestern). Den Besitz – unter anderem zahlreiche Kirchensätze und Niedergerichte in der näheren Umgebung – verwaltete ein sogenannter Hofmeister. Für Seelsorge und Gottesdienst war von Anfang an ein kleinerer Franziskanerkonvent angegliedert, der nach Mitte des 14. Jahrhunderts auch über eigenen Besitz und Einkünfte verfügte (1360-1528 maximal 14 Brüder). Nach der Eroberung des Aargaus durch Bern 1415 verlor Königsfelden die Verbindung mit dem Stifterhaus. Mit der Säkularisation (1528) fielen die Klostergüter an Bern; Königsfelden wurde Verwaltungssitz der gleichnamigen bernischen Hofmeisterei (Landvogtei, Eigenamt). Seit 1804 ist die Anlage im Besitz des Kantons Aargau, der hier 1868 die kantonale Heil- und Pflegeanstalt unterbrachte.

In der ehemaligen Klosteranlage dominierte die Kirche, beiderseits flankiert von einem Konventgeviert: im Süden die Klarissen, im Norden die Franziskaner (und nicht umgekehrt, wie man annahm, bevor die letzten Ausgrabungen stattfanden). Im Westen schloss der durch einen Torturm zugängliche Wirtschaftshof mit Scheunen, Stallungen und Kornhäusern an. Die Anlage war umringt von einer hohen Mauer. Beim Bau der Heilanstalt 1868-1872 wurden die nördlichen und westlichen Teile abgetragen. Erhalten sind neben der Kirche das Archiv und das Schatzgewölbe des Franziskanerklosters (kreuzgewölbt, mit Wandmalereien der 27 bei Sempach gefallenen Ritter), die bernische Hofmeisterei (spätgotisch, mit Treppenturm) und Teile des ehemaligen Klarissenklosters (umgebaut).

Die ehemalige Klosterkirche, ein einheitlicher Bau von 1310-1330 (Weihe des Langhauses 1320, des Chors 1330), gehört zu den Hauptwerken der Bettelordensarchitektur in der Schweiz. Zerstörungen und Einbauten unter Bern (Kornhäuser) wurden bei den Renovationen von 1891-1893 und 1983-1986 zum Teil rückgängig gemacht. Die Anlage folgt dem Typus der oberdeutschen Bettelordenskirchen: Im Innern ist das dreischiffige, basilikale Langhaus durch einen – 1986 rekonstruierten – Lettner vom dreijochigen, durch fünf Achteckseiten geschlossenen Langchor getrennt; in der äusseren Erscheinung vereint das Satteldach mit durchlaufendem First Schiff und Chor. Die Masswerkfenster zeigen Motive zwischen Rayonnant und Flamboyant. Das Langhaus gliedern sechs Paare schlichter Achteckpfeiler. Den hohen Obergaden schliesst eine flache Holzdecke ab. Der zierlich aufstrebende, grossfenstrige Chor zeigt – im Gegensatz zum Schiff – Kreuzgewölbe mit skulptierten Schlusssteinen. Im Chor sind ein Priesterdreisitz und eine liturgische Nische mit Masswerk (piscina) eingelassen. Die prismatische gotische Holzkanzel ist eine Rarität. Unter dem Mittelschiff liegt die im 14. Jahrhundert als Grabstätte bevorzugte Gruft des habsburgischen Erbbegräbnisses; über dieser steht der Marmorkenotaph (14. Jh.) mit Holzschranke (vor 1555). Die Leichname wurden 1770 nach St. Blasien (Schwarzwald), 1807 nach St. Paul (Kärnten) transferiert. Tischgräber für Sempacher Ritter (1386) und zahlreiche Grabplatten bernischer Hofmeister befinden sich im nördlichen Seitenschiff bzw. an Nord-, West- und Südwand des Schiffs.

Der seltenerweise weitgehend erhaltene Glasmalereizyklus im Chor gehört zu den erstrangigen Leistungen der europäischen Kunst des 14. Jahrhunderts. Nach Ausweis der Donatorenbilder hat die Familie des ermordeten Königs Albrecht die Bildverglasung gestiftet (erhalten: Albrecht II., Heinrich, Otto und Leopold I. von Habsburg, Rudolf von Lothringen). Aus den Stifterbildern, Heirats- und Todesdaten ergibt sich, dass der Zyklus um 1325/1330, im westlichen Teil bis gegen 1340/1350 entstanden ist. Etwa ein Viertel der Gläser ist neu; Verwitterungen haben dem Gesamtbestand zugesetzt. Restaurierungen erfolgten 1896-1900 und 1987-2002. Das Bildprogramm ist in seltenem Masse einheitlich: Die Lebensgeschichte Christi im Chorscheitel wird flankiert vom Vorläufer Johannes dem Täufer und vom Nachfolger Paulus, von der Kirchenpatronin Maria und der heiligen Katharina. Das Apostelkollegium repräsentiert die Ekklesia. Im westlichen Fensterquartett treten die beiden Ordensgründer Klara und Franziskus auf, ferner der heilige Nikolaus, Landespatron Lothringens, im Anna-Fenster die heiligen Mütter Anna und Maria innerhalb der Wurzel Jesse. Das Programm entspricht dem Stiftungsbrief von 1311. Es zeigt eine Konvergenz franziskanischer und habsburgischer Interessen und fordert zur Nachfolge Christi und der Heiligen auf. Neues Testament und Heiligenlegenden dominieren gegenüber dem Alten Testament.

In der Geschichte der Glasmalerei des 14. Jahrhunderts nehmen die Chorfenster von Königsfelden durch die Verbindung klassischer Glasmalereigesetze mit Trecento-Novitäten eine prominente Stelle ein. Sie zeichnen sich aus durch: Bildmedaillons in ganzer Fensterbreite, Rahmenarchitektur gemäss zeitgenössischer Baurisse, Ansätze zu perspektivischer Räumlichkeit, aufgehelltes raffiniertes Kolorit, makellose, melodisch bewegte Gestalten höfischen Charakters in narrativ-repräsentativen Kompositionen sowie alternierende zyklische Disposition der Rahmenformen. Gemäss stilistischer Analysen ist der Zyklus das Werk einer führenden, vielleicht ad hoc gebildeten Werkstatt des habsburgischen Reichs mit Schwerpunkt Strassburg und Ingredienzien der Bodenseekunst. Die ornamentale Verglasung des Langhauses erfolgte gegen 1314/1316, weissgrundige Figurenscheiben entstanden ca. 1330/1350, Reste eines dynastischen Zyklus datieren aus der Zeit um 1360. Das Ganze wurde 1987 mit Scheiben aus dem 19. und 20. Jahrhundert zu einem lückenlosen Teppich zusammengefügt. Aus dem reichen ehemaligen Kirchenschatz (Inventar von 1357) sind drei Hauptwerke ins Bernische Historische Museum gelangt.

Quellen und Literatur

  • Kdm AG 3, 1954
  • M. Beck et al., Königsfelden, 1970
  • HS V/1, 206-211, 561-576
  • E. Maurer, 15 Aufs. zur Gesch. der Malerei, 1982
  • E. Maurer, Königsfelden, 71988
  • B. Kurmann-Schwarz, Königsfelden, Zofingen, Staufberg, 2002
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Emil Maurer: "Königsfelden", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.10.2008. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/012002/2008-10-28/, konsultiert am 28.03.2024.