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Oberwil (BL)

Politische Gemeinde des Kantons Basel-Landschaft, Bezirk Arlesheim. Dorf im mittleren Leimental. 1102-1103 Oberuuilre. 1722/1723 109 Häuser; 1850 794 Einwohner; 1900 1516; 1950 2540; 1970 6678; 2000 9363.

Der fruchtbare Lössboden und die Hanglage, die vor den Überschwemmungen des Birsigs schützte, förderten eine frühe Besiedlung des Gebiets um Oberwil; davon zeugen Scherben aus der Spätbronzezeit, Spuren eines spätlatènezeitlichen Töpferofens sowie Reste eines Töpferbezirks aus dem 7. Jahrhundert n.Chr. Bei der Innenrenovation der katholischen Kirche 1964-1965 barg man Funde, die möglicherweise auf einen römischen Gutshof aus dem 1.-2. Jahrhundert hinweisen, sowie Steinplattengräber aus dem 7.-10. Jahrhundert mit Beigaben, unter anderem eine silbertauschierte Eisenschnalle. Vermutlich als Geschenk des Königs um 1000 in bischöflichen Besitz gekommen, verpfändete der Bischof das Dorf im 14. und 15. Jahrhundert mehrmals; ab 1435 gehörte Oberwil zur Vogtei Birseck des Fürstbistums Basel. Bis zur Reformation gehörte die Pfarrei Oberwil nicht zum Leimentaler Kapitel, sondern zu den sogenannten Sieben freien Dörfern (vagantes extra civitatem Basiliensem) und war daher für Taufe und hohe Kirchenfeste in die St. Johannkapelle beim Basler Münster pfarrgenössig. Der Bischof von Basel besass die Kollatur der Pfarrkirche mit Peter-und-Paul-Patrozinium. Die heutige Kirche von 1896 steht auf Vorgängerbauten aus dem 7. Jahrhundert, dem 14. Jahrhundert und von 1696. Aufgrund eines Burgrechts mit Basel 1525 wurde das Dorf reformiert, um 1598 vom Bischof wieder rekatholisiert. Im Dreissigjährigen Krieg erlitt Oberwil als Grenzort auf Reichsboden so schwere Verwüstungen, dass es verarmte und der Therwiler Kirche zugeteilt wurde; anschliessend wurde es erneut eigene Pfarrei (bis 1820 mit Neuwiller im Elsass).

Nach dem Ende der fürstbischöflichen Herrschaft im Birseck 1792 und dem Zusammenbruch der kurzlebigen Raurachischen Republik kam Oberwil zu Frankreich, gehörte 1793-1800 zum Departement Mont-Terrible und 1800-1815 zum Departement Haut Rhin. 1815 kam das Dorf zum Kanton Basel, bei der Kantonstrennung 1832-1833 zum Kanton Basel-Landschaft. Beim sogenannten Oberwiler Kirchenstreit 1834-1837 ging es um Grundsatzfragen betreffend das Kollaturrecht. Dabei bekämpften sich Liberale und Konservative so erbittert, dass die Regierung ein 700 Mann starkes Militäraufgebot nach Oberwil entsandte; der Konflikt endete mit der Absetzung des gesamten Gemeinderats.

Lange blieb Oberwil, das an der Strasse vom Elsass ins Birstal lag, ein Bauerndorf mit Acker- und Rebbau. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begannen sich in Oberwil Industrie (1878 Bierbrauerei Waldschlösschen; 1897 Mechanische Ziegelei, 1997 geschlossen) und Gewerbe anzusiedeln. 1893 gründete Stefan Gschwind die Produktions- und Konsumgenossenschaft Oberwil (1919 Fusion mit dem Allgemeinen Consum-Verein Basel, ACV). Ab 1887 verband die Birsigtalbahn (heute Baselland Transport AG, BLT) das Leimental mit Basel. Sie brachte die Arbeiter aus dem Leimental in die Stadt und die Schlittschuhläufer zum beliebten Oberwiler Eisweiher, aus dem die Stadt (v.a. der ACV) mit Eis versorgt wurde. Im Gefolge des grossen Bevölkerungswachstums nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Oberwil vom Bauerndorf zur Vorortsgemeinde Basels, was zu einer zunehmenden konfessionellen Vermischung der ursprünglich katholischen Gemeinde führte. 1912 wurde die reformierte Kirchgemeinde geschaffen. 1948 erhielt Oberwil den ersten Zonenplan. Bis 1979 entstanden Überbauungen vor allem im Rebgarten, Guldental, Auf der Wacht und in der Kummelen, in den 1990er Jahren die Überbauung im Bertschenacker. Die um 1950 angestrebten Bemühungen, vermehrt Industriebetriebe in Oberwil anzusiedeln, verliefen erfolglos (1950 52%, 2000 76% Wegpendler). Hingegen entwickelte sich Oberwil zum Mittelpunkt des Detailhandels mit ausgeprägter kleingewerblicher Struktur (Gewerbegebiet Mühlematt) und 2005 82% der Arbeitsplätze im 3. Sektor, sowie zum Schulzentrum des Leimentals (1963 Realschulkreis Oberwil-Biel-Benken, 1972 kantonales Gymnasium). 1981 errichtete die BLT ein Depot und eine Werkstatt. Mit der revidierten Ortsplanung von 1979 sollten Land- und Forstwirtschaftsgebiete geschützt und der noch bestehende historische Kern von Oberwil erhalten werden.

Quellen und Literatur

  • J. Baumann et al., Heimatkunde von Oberwil, 1989
  • SPM 6, 396 f.
Von der Redaktion ergänzt
  • Heyer, Hans-Rudolf: Der Bezirk Arlesheim, 1969, S. 378-387 (Die Kunstdenkmäler des Kantons Basel-Landschaft, 1).
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Brigitta Strub: "Oberwil (BL)", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 14.09.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001198/2010-09-14/, konsultiert am 28.03.2024.