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St. Katharinental

Ehemaliges Dominikanerinnenkloster auf dem Gebiet der Gemeinde Diessenhofen TG, das bis 1815 zur Diözese Konstanz, ab 1829 zum Bistum Basel gehörte und 1869 aufgehoben wurde. 1245-1709 in der Ordensprovinz Teutonia, 1709-1809 in der Saxonia. Patronin war Katharina von Alexandrien, bis 1735 auch Nikolaus von Myra. 1242 Vallis sanctae Catherinae, 1277 Sant Katherinuntal.

Ansicht des Klosters von Westen. Kolorierte Aquatinta von Friedrich Salathé aus dem Jahr 1831, nach einer Zeichnung von Johann Ludwig Bleuler (Schweizerische Nationalbibliothek).
Ansicht des Klosters von Westen. Kolorierte Aquatinta von Friedrich Salathé aus dem Jahr 1831, nach einer Zeichnung von Johann Ludwig Bleuler (Schweizerische Nationalbibliothek). […]

Williburg von Hünikon bildete um 1230 mit einigen Frauen in Winterthur eine Beginengemeinschaft, die 1235 nach Diessenhofen zog. 1242 erhielt die Gemeinschaft für die Klostergründung von Graf Hartmann IV. von Kyburg ein Jagdhaus, 1245 ein Grundstück am Rhein, 1251 bezog sie den ersten Konventsbau. Die Frauen lebten nach den Augustinerregeln und den Satzungen der Dominikaner von St. Markus in Strassburg. Papst Innozenz IV. inkorporierte das Kloster 1245 in den Predigerorden. Albertus Magnus weihte 1267 und 1269 die Altäre der Kirche. Zu Beginn zählte das Kloster ein Dutzend, um 1280 rund 150, später 40-70 Frauen. Das ursprünglich arme Kloster erlebte ab 1260 mit Stiftungsgütern, Spenden, Aussteuern und Erwerbungen einen Aufschwung und besass um 1380 ein Vermögen von 5000 Mark Silber sowie Streubesitz, der im Gebiet von der Töss bis nördlich des Schaffhauser Randens und vom Bodensee bis in den Klettgau sowie bei Villingen (Baden) lag. St. Katharinental übte die niedere Gerichtsbarkeit 1260-1525 über Basadingen, 1260-1798 über Rudolfingen und 1282-1795 über Ober-Gailingen (heute Baden-Württemberg) aus. Nach 1264 war das Kloster auf den Schutz der habsburgischen Landesherrschaft angewiesen. 1418 erlangte St. Katharinental vorübergehend die Reichsunmittelbarkeit und stellte sich 1432 unter den Schutz der Hegauer Reichsritterschaft. 1460 besetzten die Eidgenossen das Kloster im Rahmen ihres Thurgauer Feldzugs.

Die Seelsorge der Schwestern besorgten die Dominikaner aus Konstanz. Rasch gelangte das Kloster im 14. Jahrhundert zu geistlicher Blüte und wurde durch seine strenge Observanz bekannt. Angeregt durch Heinrich Seuse entwickelte es sich zu einem Zentrum der mittelalterlichen Mystik, wo hervorragende Kunstwerke, unter anderem die Christus-Johannes-Gruppe, und Handschriften entstanden. Die Handschriften und Codices, unter anderem das Graduale und die Schwesternviten, wurden meist im eigenen Skriptorium geschrieben, während die Illuminationen von Konstanzer Künstlern stammten. Während der Reformation widerstanden die Nonnen dem Druck von aussen. Nach dem Klosterbruch 1529 erwirkten sie Schutz vom Diessenhofer Rat. 1530 gingen die Frauen ins Exil nach Engen (Hegau), später nach Villingen, und kehrten 1532 nach der reformierten Niederlage in der Zweiten Schlacht bei Kappel nach St. Katharinental zurück. Der tridentinischen Reform von 1563 leistete der Konvent Widerstand, da er keine strengere Klausur begehrte. Erst der Neubau des Klosters (1714-1718, 1734) und der Kirche (1732-1735), den die Priorin Josepha Dominica von Rottenberg durchsetzte, schuf die Voraussetzungen für eine ordenskonforme Gemeinschaft.

1798 beschlagnahmte die helvetische Regierung das Klostervermögen, was den Auftakt eines langen Säkularisationsprozesses bildete. Nur das sogenannte Epavenrecht, gemäss welchem der badische Besitz dem Grossherzogtum Baden zugefallen wäre, verhinderte 1848 die Klosteraufhebung. Ein Staatsvertrag beseitigte dieses Recht 1857 und die thurgauische Regierung verkaufte den im Badischen gelegenen Staffelwald 1861 an Baden. Damit stand einer Aufhebung von St. Katharinental nichts mehr im Weg und mit der Annahme der neuen Verfassung stimmte ihr das Volk 1869 zu. Die Schwestern zogen im selben Jahr nach Schänis und 1906 nach Weesen. Der Kanton Thurgau richtete im Klostergebäude ein Kranken- und Greisenasyl ein, das 1973-1976 renoviert und 1996 zur Rehabilitationsklinik umgewandelt wurde.

Quellen und Literatur

  • StATG
  • Das Graduale von St. Katharinenthal um 1312, 1983
  • Kdm TG 4, 1989
  • V. Baumer-Müller, «Der letzte Konvent der Dominikanerinnen von St. Katharinental», in ThBeitr. 131, 1994, 5-140
  • R. Meyer, Das "St. Katharinentaler Schwesternbuch", 1995
  • HS IV/5, 780-840
  • Thurgauer Ztg., 14.6. und 8.7.2005
  • C. Folini, Katharinental und Töss, 2007
Weblinks
Normdateien
GND

Zitiervorschlag

Erich Trösch: "St. Katharinental", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.01.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011877/2011-01-21/, konsultiert am 19.03.2024.