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RenwardCysat

Bildnis Renward Cysat. Öl auf Holz eines unbekannten Malers (Kloster Engelberg).
Bildnis Renward Cysat. Öl auf Holz eines unbekannten Malers (Kloster Engelberg). […]

11.10.1545 Luzern, 25.4.1614 Luzern, katholisch, ab 1549 von Luzern. Sohn des Johann Baptist (1549), aus Mailand, wohl von der Heirat an (1544) in Luzern ansässig und 1549 Bürger, und der Margaretha Göldlin (1586), Tochter des Ritters und Luzerner Grossrats Renward. 1568 Elisabeth Bossard (1614), Tochter des Jakob, Glasers. 1552-1553 absolvierte Renward Cysat die deutsche Schule, 1553-1559 die Lateinschule im Hof Luzern. Es folgte eine Apothekerlehre. Da ihm Armut den Besuch einer Hochschule verunmöglichte, bildete er sich autodidaktisch weiter. 1563-1568 vertiefte er seine Kenntnisse der italienischen Sprache und der Pharmazie durch jährliche Bildungsreisen nach Mailand; er lernte auch Französisch und Griechisch. 1570 wurde Cysat Luzerner Unterschreiber, 1571 apostolischer Notar. In der Kanzlei bezog er einen kleinen Lohn, die Sporteln der Schreiberei und des Notariats, ferner Pensionen und andere Zuwendungen von Savoyen, Spanien und Frankreich. Nebenher führte er die Apotheke bis zur Übergabe an seinen Sohn, 1594, weiter und betrieb Landwirtschaft. Dank eiserner Sparsamkeit wurde er reich.

1573-1575 war Cysat Luzerner Grossrat, 1575-1614 Stadtschreiber. Er reorganisierte die Kanzlei und das Archiv und sicherte die verstreut gelagerten Archivalien. In der Kanzlei war von jeher das ganze Schriftwesen und das Notariat des Stadtstaats zentralisiert. Mit der Steigerung der Schriftlichkeit vollzog Cysat einen Bürokratisierungsschub, Ausdruck der Verdichtung staatlicher Tätigkeit durch eine breitere und intensivere Verwaltung. Er erneuerte die Rechtsaufzeichnungen des Staats, der Klöster (Urbare), Ämter, Twinge und Zünfte (Libelle). Durch sein weit gespanntes Korrespondentennetz war er gut orientiert, wegen seiner umfassenden Kenntnisse unentbehrlich und einflussreich. Zusammen mit Schultheiss Ludwig Pfyffer von Altishofen war Cysat der führende Kopf Luzerns und der katholischen Orte in der Aussenpolitik (Anlehnung an die katholischen Mächte), Kirchenreform (Klerus, Klöster), Bildungspolitik (Ausbau der Jesuitenschulen), Gesundheitspolitik (Pestbekämpfung) und im Armenwesen. Er war massgeblich beteiligt am Abschluss des Goldenen Bunds der katholischen Orte von 1586 und arbeitete eng mit dem Nuntius, mit Savoyen und Spanien zusammen. Sein öffentliches Wirken fiel mit wachsenden konfessionellen Gegensätzen und der Konfrontation zwischen Frankreich, Savoyen und Spanien zusammen.

Renward Cysat war vielseitig gebildet, kompetent als Gestalter des Stadtstaats und engagiert als Förderer der katholischen Reform. Er führte die Regie unter anderem der Luzerner Osterspiele von 1583 und 1597, pflegte mit seinem ursprünglichen Beruf zusammenhängende naturwissenschaftliche Interessen in Medizin, Physik und Alchemie, untersuchte die Flora an der Rigi, legte einen botanischen Garten an, führte ein Herbarium und veredelte importierte Obstsorten. Früh entschlossen, alles Denk- und Merkwürdige aufzuschreiben, sammelte er Sagen, beobachtete das Brauchtum und war auch gespenstergläubig. Er legte eine Bibliothek unter anderem mit ärztlicher und historischer Literatur an und pflegte Beziehungen zu gelehrten Naturwissenschaftlern und Historikern in Basel, Zürich und den beiden Freiburg. In den 22 Bänden seiner Kollektaneen stellte er Aufzeichnungen, alte und eigene Abschriften sowie Auszüge aus den Quellen vom Mittelalter an zusammen. Für die Herstellung der ältesten Karte des Kantons Luzern (1613) arbeitete Cysat eng mit dem Maler Hans Heinrich Wägmann zusammen. Sein Ziel, eine Luzerner und Schweizer Chronik zu verfassen, erreichte er jedoch nie. Renward Cysat war Mitglied unter anderem der Herrengesellschaft zum Affenwagen. Der Papst ernannte ihn 1576 zum Pfalzgrafen, 1593 zum Ritter.

Quellen und Literatur

  • Teilnachlässe in: StALU, ZHBL
  • Feller/Bonjour, Geschichtsschreibung, 1, 286-288
  • R. Bolzern, Spanien, Mailand und die kath. Eidgenossenschaft, 1982
  • H. Greco-Kaufmann, «Renward Cysats "Convivii Process" 1593», in Gfr. 154, 2001, 47-62
  • H. Greco-Kaufmann, Spiegel des uberflusses und missbruchs: Renward Cysats "Convivii Process": kommentierte Erstausgabe der Tragicocomedi von 1593, 2001
Von der Redaktion ergänzt
  • Cysat, Renward: Collectanea Chronica und denkwürdiger Sachen pro Chronica Lucernensis et Helvetiae, hg. von Joseph Schmid, 2 Bde., 1961-1977.
Weblinks
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VIAF

Zitiervorschlag

Fritz Glauser: "Cysat, Renward", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 15.03.2005. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011751/2005-03-15/, konsultiert am 29.03.2024.