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Jörgenberg

Burg in der politischen Gemeinde Waltensburg/Vuorz (GR), mittelalterliche Herrschaft und spätere Gerichtsgemeinde mit dem Zentrum Waltensburg, romanisch Munt Son Gieri. Der Name der Herrschaft Jörgenberg leitet sich von der erstmals Mitte des 9. Jahrhunderts genannten Kirche (habet ecclesiam sancti Georgii in Castello) ab. Bereits im Tello-Testament (um 765) wurde auf Jörgenberg eine Burg (agrum super castellum) erwähnt, die sich im Laufe des Mittelalters von einer frühmittelalterlichen Befestigung mit Kirche in eine Adelsburg (1209 Waltramsburg) wandelte. Östlich des Dorfes Waltensburg/Vuorz gelegen, handelt es sich bei ihr um die grösste Burganlage des Bündner Oberlands: Auf einer Fläche von 100 x 70 m umfasst sie einen Wohnturm, einen Palas, die Kirche St. Georg mit dem Campanile und eine Umfassungsmauer. Der Kirchturm aus dem 11. Jahrhundert ist der älteste erhaltene Bau auf Jörgenberg. Er wurde vermutlich an eine Vorgängerkirche, die sich innerhalb des heutigen Kirchengrundrisses befunden hatte, angebaut. Im Verlauf von Streitigkeiten um das Erbe der Friberger 1330-1343 zerstörte ein Brand den Wohnturm. Nach 1351 erfolgte der Wiederaufbau und eine Erweiterung: In der Nordwestecke der Anlage diente ein neu errichteter Palas als herrschaftlicher Wohntrakt. Ende des 15. Jahrhunderts lässt sich an der Ostfassade des Wohnturmes ein weiterer Umbau nachweisen.

Eine eigentliche Herrschaft Jörgenberg taucht urkundlich erst um 1300 in der Hand der Herren von Friberg (Stammburg Siat) auf. Um 1330 ging sie an die Freiherren von Vaz, nach 1338 an die Werdenberger, 1343 an die Rhäzüns, 1458 an Graf Jos Nicolaus von Zollern und 1472 durch Verkauf an das Kloster Disentis. Um 1580 kaufte L. Gandreya die Burg und bewohnte sie vermutlich noch. Im 17. Jahrhundert wurde sie aufgegeben. Im Spätmittelalter wurde Jörgenberg durch Burgvögte verwaltet und umfasste die Nachbarschaften Waltensburg, Andiast, Rueun, Siat und Schlans. Diese bildeten ab dem 16. Jahrhundert zusammen mit Pigniu die Gerichtsgemeinde Waltensburg mit einer Stimme im Grauen Bund und im Freistaat der Drei Bünde. 1734 kaufte sich die Nachbarschaft Waltensburg von den Herrschaftsrechten der Abtei Disentis los und bildete fortan eine eigene Gerichtsgemeinde. Bei der Neueinteilung des Kantons Graubünden 1851 entstand aus den bisherigen Gerichtsgemeinden Waltensburg, Rueun und Obersaxen der neue Kreis Rueun mit den romanischsprachigen Gemeinden Waltensburg, Andiast, Panix, Siat, Rueun und der deutschsprachigen Gemeinde Obersaxen. Schlans kam zum Kreis Disentis, der aus der Cadi entstanden ist. Im Kreis Rueun ist Waltensburg reformiert, während die übrigen Gemeinden katholisch sind.

Quellen und Literatur

  • Kdm GR 4, 1942 (19752), 5, 321, 338-341
  • O.P. Clavadetscher, W. Meyer, Das Burgenbuch von Graubünden, 1984, 110
  • A. Carigiet, «Zu den Burgen Friberg (Siat) und Jörgenberg (Waltensburg)», in Jber. des Archäolog. Dienstes Graubünden und der Denkmalpflege Graubünden, 2000, 153-164
  • Die Burgruinen Jörgenberg und Kropfenstein in Waltensburg, Kt. Graubünden, 2004
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Zitiervorschlag

Martin Bundi: "Jörgenberg", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 02.12.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011501/2010-12-02/, konsultiert am 29.03.2024.