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PierreViret

Titelseite seines in Genf veröffentlichten Werks Dialogues du désordre qui est à présent au monde, et des causes d'iceluy [...], 1545 (Bibliothèque cantonale et universitaire Lausanne).
Titelseite seines in Genf veröffentlichten Werks Dialogues du désordre qui est à présent au monde, et des causes d'iceluy [...], 1545 (Bibliothèque cantonale et universitaire Lausanne). […]

1509/1510 Orbe, 4.4.1571 Bellocq oder Orthez (Béarn), von Orbe. Sohn des Guillaume, Tuchscherers und Schneiders, Mitglieds im Rat der Vierundzwanzig von Orbe. 1) 1538 Elisabeth Turtaz, Tochter des Pierre, 2) 1546 Sébastienne de La Harpe, Tochter des Antoine. Nach den Schulen in Orbe studierte Pierre Viret ab 1528 am Collège de Montaigu in Paris die Freien Künste und kam dort auch mit den Ideen der Reformation in Kontakt. Nach dem Übertritt zum Protestantismus kehrte Viret 1530 in die Waadt zurück. Von Guillaume Farel liess er sich dazu bewegen, zuerst in Orbe und Grandson, später in Payerne, Neuenburg und Genf zu predigen. In Neuenburg veröffentlichte er mit Farel und Antoine Marcourt 1533-1535 Abhandlungen und Pamphlete. Seine Predigten an der Seite Farels führten dazu, dass der Genfer Generalrat im Mai 1536 die Reformation einführte. Im Oktober desselben Jahrs nahm er mit Farel und Johannes Calvin an der Lausanner Disputation teil, die den Ausschlag zum Übertritt der Stadt zur Reformation gab. In der Folge wirkte er dort als Pfarrer und war 1537 wesentlich an der Gründung der Akademie Lausanne beteiligt, an der er Theologie lehrte. 1559 musste Viret wegen Meinungsverschiedenheiten mit der Berner Regierung über die Kirchenzucht mit dem ganzen Lehrkörper Lausanne verlassen. Er begab sich nach Genf, was die Gründung der Genfer Akademie im selben Jahr erleichterte. 1561 zog er nach Südfrankreich. Für seinen Wegzug nannte Calvin gesundheitliche Gründe, aber möglicherweise entstanden im Zusammenwirken von Viret, Calvin und Theodor Beza Probleme, da Viret eine stärker partnerschaftliche Auffassung der Kirchenstruktur vertrat. Nach Pfarrstellen in Nîmes und Montpellier wurde er 1563 nach Lyon berufen, wo er im August 1563 die nationale Synode der reformierten Kirchen Frankreichs präsidierte. 1565 aus der Stadt vertrieben, erhielt Viret 1567 von der Königin von Navarra, Jeanne d'Albret, die Einladung, in der Provinz Béarn die Reformation einzuführen. Bis zu seinem Tod wirkte er dort als Pfarrer.

Viret bildete zusammen mit Calvin und Farel das «Triumvirat» der Westschweizer Reformatoren. Er zeichnet sich vor ihnen aus durch die Qualität seiner Predigten und sein vielfältiges Schrifttum (über 50 Titel). Er war weniger dogmatisch als Calvin und pflegte gerne den volksnahen, leicht verständlichen und häufig humorvollen Dialog. Auch wenn der Ausgang seiner Debatten voraussehbar ist (der Reformierte triumphiert immer), führt der Anschein einer Diskussion beim Leser zu eigenen Überlegungen und zum Abwägen von Pro und Contra, was auf andere Weise anziehend ist als die schlagenden Wahrheiten seiner Kollegen.

Quellen und Literatur

  • Œuvres complètes, hg. von A.-L. Hofer, 1-, 2004-
  • J. Barnaud, Pierre Viret, 1911 (Nachdr. 1973)
  • R.D. Linder, The Political Ideas of Pierre Viret, 1964
  • B. Bavaud, Le Réformateur Pierre Viret (1511-1571), 1986
  • D.-A. Troilo, L'œuvre de Pierre Viret, 2012
  • Pierre Viret et la diffusion de la Réforme, hg. von K. Crousaz, D. Solfaroli Camillocci, 2014.
Weblinks
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Zitiervorschlag

Francis Higman: "Viret, Pierre", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 27.05.2015, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011333/2015-05-27/, konsultiert am 18.04.2024.