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Lesegesellschaften

L. entstanden ab 1750 (Aufklärung) unter versch. Bezeichnungen als Vereine zwecks gemeinschaftl. Beschaffung, Rezeption und Verbreitung von Lektüre. Deren Aktivitäten reichten vom Kollektivabonnement für Zeitungen und Zeitschriften über Lesezirkel mit umlaufenden Büchermappen bis zu L. mit regelmässigen Zusammenkünften in eigenen Räumen und stehender Bibliothek. Der kostengünstige, eigenständig ausgewählte und jederzeit zugängl. Lesestoff diente der Selbstbildung im freien Gedankenaustausch, der Unterhaltung und der Informationsvermittlung nach aussen. Je nach Interessen und Zeitgeschmack umfassten die Bestände Sachbücher und Belletristik, während die sog. Schundliteratur bekämpft wurde. Fachlesegesellschaften sammelten Literatur wissenschaftl. Disziplinen. Finanziert wurden die L. über Mitgliederbeiträge und Bussen. Die Bewegung verbreitete sich rasch im gebildeten städt. Bürgertum (in Genf 1750, wobei der aktuelle Genfer Lesezirkel erst 1818 gegründet wurde, in Neuenburg 1759, Schaffhausen 1770, Luzern 1786, Basel 1787 und Bern 1791) und vereinzelt in der ländl.-ref. Oberschicht (im Toggenburg 1767, in Wädenswil 1790). Sie erreichte mit dem Liberalismus um 1830 und der Demokratisierung nach 1860 weite Bevölkerungskreise der dt. und franz. Schweiz und flaute angesichts neuer Kommunikations- und Distributionsformen gegen Ende des 19. Jh. ab. Weiter bestehende L. dehnten ihre Aktivitäten auf die allg. Kulturförderung in der Gemeinde aus (z.B. Hottingen 1882). Vielerorts waren sie Träger der polit. Meinungsbildung, in Appenzell Ausserrhoden Vorläufer der freisinnigen Parteien.

Quellen und Literatur

  • E. Erne, Die schweiz. Sozietäten, 1988
  • M. Bachmann, Lektüre, Politik und Bildung, 1993
  • Sociétés et cabinets de lecture entre Lumières et romantisme, 1995
Weblinks

Zitiervorschlag

Emil Erne: "Lesegesellschaften", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 23.09.2010. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/011300/2010-09-23/, konsultiert am 19.03.2024.