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Universität Zürich

Vom Mittelalter an entwickelte sich in Zürich mit den Stifts- und Stadtschulen ein höheres Bildungswesen. Dieses erfuhr in der Reformation einen grossen Umschwung, als Huldrych Zwingli 1525 aus der Lateinschule die Prophezey, eine Ausbildungsstätte für reformierte Theologen machte (ab dem 18. Jahrhundert theologische Fakultät und oberes Gymnasium im sogenannten Carolinum vereint), deren Lehrstühle von den Pfründen des säkularisierten Chorherrenstifts abhingen. Neben den theologischen Fächern und den alten Sprachen kam 1541 die Naturgeschichte (Konrad Gessner) und 1731 ein staatswissenschaftlicher Lehrstuhl (Johann Jakob Bodmer) hinzu. 1782 wurde das medizinisch-chirurgische Institut zur Ausbildung von praktischen Ärzten geschaffen. Während der Helvetik scheiterte der Aufbau einer Universität, doch gelang nach 1803 die Kantonalisierung des medizinischen Instituts und 1807 die Errichtung des politischen Instituts.

Erst die Regeneration brachte mit dem Unterrichtsgesetz von 1832 die Umgestaltung des höheren Bildungswesens. Die Gründung der Universität Zürich erfolgte 1833, indem die höheren Schulen zu Fakultäten und diese um eine philosophische Fakultät ergänzt wurden. Für das erste Jahr immatrikulierten sich 16 Theologen, 26 Juristen, 98 Mediziner und 21 Philosophen, die von 26 Professoren und 29 Privatdozenten betreut wurden. Unter den ersten Ordinarien befanden sich fast nur Deutsche, während Schweizer vor allem als ausserordentliche Professoren wirkten. Die Lehr- und Forschungsfreiheit, die Schaffung akademischer Laufbahnen und die Etablierung von Lehrstühlen, die Forschung und Lehre vereinten, gehörten zu den neuen Errungenschaften. Die ersten Jahre brachten ein behutsames Wachstum an Studierenden und Lehrstühlen. Mit der Gründung des Eidgenössischen Polytechnikums 1855 gewann vor allem die naturwissenschaftliche Fakultät an Gewicht, indem zahlreiche Gelehrte auf sogenannte Doppelprofessuren an beide Hochschulen berufen wurden. Das Unterrichtsgesetz von 1859 setzte eine Hochschulkommission für die Leitung der Universität Zürich ein und teilte die philosophische Fakultät in eine philosophisch-sprachlich-historische und eine mathematisch-naturwissenschaftliche Abteilung auf. Sehr früh liess die Universität Zürich Frauen zum Studium zu, ab 1840 als Hörerinnen bei philosophischen Vorlesungen, ab 1864 als Studentinnen, nach dem Gesuch einer Russin auf Zulassung zum Medizinstudium, aufgrund einer offiziellen Regelung. 1866 immatrikulierte sich Nadeschda Suslowa als erste Frau in der Schweiz an einer Universität.

Unter der demokratischen Regierung erfuhr die Universität Zürich nach 1870 einen Entwicklungsschub. Der Zustrom deutscher Professoren liess nach; an deren Stelle trat erstmals der eigene Nachwuchs. Nachdem die Universität Zürich in den Gründerjahren zwar von der liberalen Regierung gefördert, aber nicht bevormundet worden war, geriet sie unter den Demokraten in Gefahr, ihre Unabhängigkeit zu verlieren, doch das demokratische Unterrichtsgesetz von 1872 erlitt Schiffbruch. 1883 feierte die Universität Zürich ihr 50-Jahr-Jubiläum mit 463 Studierenden und 91 Dozenten, davon 37 Ordinarien. 1901 wurde die 1820 gegründete Thierarzneyschule als veterinär-medizinische Fakultät angegliedert. 1905 überschritt die Universität Zürich die Zahl von 1000 Studierenden. Ein Vertrag zwischen dem Kanton Zürich und der Eidgenossenschaft regelte 1908 die Besitzverhältnisse zwischen Universität und Polytechnikum und leitete die gemeinsame Führung von Sammlungen und Instituten ein. 1914 wurde das heutige Kollegiengebäude an der Rämistrasse bezogen. Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums 1933 zählte die Universität Zürich 2033 Studierende.

Teach-in im Lichthof des Kollegiengebäudes. Transparente mit Porträts von Karl Marx, Friedrich Engels und Mao Zedong, 6. Juli 1971 © KEYSTONE/Photopress.
Teach-in im Lichthof des Kollegiengebäudes. Transparente mit Porträts von Karl Marx, Friedrich Engels und Mao Zedong, 6. Juli 1971 © KEYSTONE/Photopress. […]

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging das Wachstum der Universität Zürich weiter. Die Zahl der Studierenden nahm sprunghaft zu, 1973 waren es 10'000, 1983 15'000. 1979 wurden die ersten Gebäude auf dem Irchel-Areal bezogen. 1984 bekam die Universität Zürich eine neue Führungsstruktur: Der Rektor wurde hauptamtlich auf vier Jahre gewählt, ihm zur Seite standen zwei Prorektoren. Mit über 20'000 Studierenden erreichte die Universität Zürich 1989 einen neuen Höchststand. 1992 erfolgte die Teilung der rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät in zwei Fakultäten. Nachdem eine Totalrevision des Universitätsgesetzes 1974 noch gescheitert war, nahmen 1998 die Zürcher Stimmberechtigten ein neues Gesetz an: Die Universität Zürich wurde zu einer öffentlich-rechtlichen Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit und jährlichem Globalhaushalt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts ist sie die grösste Universität in der Schweiz (2010 25'618 Studierende) und gilt als ausgezeichneter Forschungsplatz (1,16 Mrd. Franken Umsatz).

Quellen und Literatur

  • E. Gagliardi et al., Die Universität Zürich 1833-1933, 1938
  • P. Stadler et al., Die Universität Zürich 1933-1983, 1983
Weblinks

Zitiervorschlag

Sebastian Brändli: "Universität Zürich", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 28.01.2013. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010977/2013-01-28/, konsultiert am 29.03.2024.