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Universität Lausanne

Die 1537 kurz nach der Eroberung der Waadt durch die Berner gegründete schola lausannensis war mit der Lehre der Theologie und der Ernennung neuer Pfarrer für das Waadtland betraut; die Bezeichnung Akademie setzte sich erst im 17. Jahrhundert durch. Dank ihrer humanistischen Ausbildung und einiger Professoren wie Mathurin Cordier oder Celio Secondo Curione erwarb sich die Institution als erste protestantische Theologieschule französischer Sprache rasch einen guten Ruf. Das Jahr 1558 markierte einen Wendepunkt: Als die Schule rund 700 Studierende zählte, demissionierte ihr Rektor Theodor Beza wegen grundlegender Unstimmigkeiten mit der Berner Obrigkeit und schloss sich Johannes Calvin in Genf an. Ihm folgten 1559 Pierre Viret und der ganze Lehrkörper. Mit der Gründung der schola genevensis im selben Jahr verlor die Lausanner Schule ihre herausragende Stellung. Von diesen Ereignissen und von der Formula Consensus erholte sie sich nur langsam, obschon die Berner sich um die Schule bemühten und sie 1587 unter anderem mit einem eigenen Gebäude ausstatteten. 1741 zählte die Akademie 150 Studenten und sieben Lehrstühle, zwei davon in Theologie. Zudem erteilte Auguste Tissot unregelmässig Vorlesungen in Medizin.

Erste Seite der im Mai 1891 anlässlich der Eröffnung der Universität erschienenen Sonderausgabe der Zeitung (Musée historique de Lausanne, Archives Bridel).
Erste Seite der im Mai 1891 anlässlich der Eröffnung der Universität erschienenen Sonderausgabe der Zeitung (Musée historique de Lausanne, Archives Bridel). […]

1803 ging das Schulwesen in waadtländische Hand über, aber erst 1837 änderten die Behörden den Betrieb der Akademie grundlegend, nämlich mit der Einführung des Gymnasiums und der neuen Unterrichtssprache Französisch sowie mit der Schaffung von drei Fakultäten (geistes- und naturwissenschaftliche, theologische und juristische Falkultät). Zudem erfolgte die Säkularisierung der Institution, die nun nicht mehr vorrangig eine Theologieschule war. Bis 1845 erlebte die Akademie eine Blütezeit mit namhaften Lehrern, unter ihnen Charles-Augustin Sainte-Beuve, Alexandre Vinet oder Juste Olivier, die mit den liberalen politischen Behörden eng verbunden waren. Die Revolution von 1845 versetzte der Institution mit der Demission der freikirchlichen Professoren – eine Folge der Spaltung der waadtländischen Kirche – einen Schlag. Hingegen war die zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts von einer neuen Wachstumsperiode gekennzeichnet: 1869 integrierte die Akademie eine technische Fachschule als neue Fakultät, die 1853 gegründete Ecole spéciale und spätere EPUL (Eidgenössische Technische Hochschulen, ETH), ausserdem konnte sie ab 1869 die Doktorwürde verleihen; neue Räumlichkeiten wurden geplant und gebaut, so 1898-1906 das Palais de Rumine. Mit der Gründung einer medizinischen Fakultät 1890 wurde aus der Akademie eine Universität.

Allerdings war die neue Institution noch nicht vollständig unabhängig: Der Kanton Waadt behielt die Kontrolle über die Entwicklung der Ausbildungsstätte, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unter dem politischen und wirtschaftlichen Geschehen litt. Diese Jahre waren gekennzeichnet durch die Errichtung des Instituts für Forensische Wissenschaften und Kriminologie 1909 und des Fachbereichs Betriebswirtschaftslehre 1911. Zudem löste die Verleihung des Ehrendoktortitels an Benito Mussolini 1937 eine Polemik aus. Seit 1968 wird das Budget von der nunmehr mit einem Rektorat ausgestatteten Universität (UNIL) verwaltet. Diese verlagerte sich zunehmend nach Dorigny, wo der Kanton Waadt am See Land erworben hatte. Mit der Gründung der EPFL 1969 wurde der Bereich der Ingenieurwissenschaften abgetrennt. 1970 zählte die Universität 3000 Studierende und überschritt 2002 die Grenze von 10'000. 2010 erhöhte sich die Zahl auf über 12'000; mehr als 55% der Studierenden sind Frauen, die seit 1890 offiziell zugelassen sind. Ab 2000 erfuhr die UNIL tief greifende Veränderungen. Verschiedene Lehr- und Forschungsgebiete wurden mit verwandten Disziplinen zusammengelegt. So entstanden 2003 die Fakultät für Biologie und Medizin sowie jene für Geowissenschaften und Umwelt. Ausserdem gewann die Universität Lausanne aufgrund eines Gesetzes aus dem Jahr 2004 mehr Autonomie, unter anderem auch bei der Ernennung ihrer Professorinnen und Professoren.

Quellen und Literatur

  • ACV, Fonds
  • De l'Académie à l'Université de Lausanne, 1537-1987, 450 ans d'histoire, 1987 (mit Bibl.)
  • K. Crousaz, L'Académie de Lausanne entre Humanisme et Réforme (ca. 1537-1560), 2012
Weblinks

Zitiervorschlag

Nicole Meystre-Schaeren: "Universität Lausanne", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 04.03.2014, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010975/2014-03-04/, konsultiert am 28.03.2024.