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Welschenrohr

Ehemalige Gemeinde des Kantons Solothurn, Bezirk Thal, im oberen Dünnerntal am Nordfuss des Weissensteins gelegen, bildet seit 2021 mit Gänsbrunnen die Gemeinde Welschenrohr-Gänsbrunnen. Aus dem Strassendorf an der Verbindung von Balsthal nach Moutier entwickelte sich nach dem Zweiten Weltkrieg ein Haufendorf. 1179 Rore, französisch früher Rosières. 1800 384 Einwohner; 1850 721; 1900 893; 1950 1385; 1970 1427; 2000 1171; 2010 1124; 2020 1088.

Welschenrohr: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2021 HLS.
Welschenrohr: Situationskarte 2020 (Geodaten: Bundesamt für Statistik, Swisstopo, OpenStreetMap) © 2021 HLS.

1179 besass das Stift Moutier-Grandval Kirchensatz und Zehnten und versah in der St.-Nikolaus-Kapelle den Gottesdienst. Welschenrohr kam 1427 als Lehen des Bischofs von Basel (nominell bis 1669) unter solothurnische Hochgerichtsbarkeit, 1535 zum Gericht Matzendorf. 1569 erwarb Solothurn Kirchensatz und Zehnten, 1609 wurde Welschenrohr Pfarrei. Die 1673-1677 erbaute neue Kirche (Patrone St. Theodul, Antonius von Padua) wurde 1928 erweitert. Prägend in der jüngeren Geschichte der Gemeinde waren die Auseinandersetzungen zwischen einer erdrückenden freisinnigen Mehrheit (Freisinnig-Demokratische Partei, FDP) und der katholisch-konservativen Minderheit (Christlichdemokratische Volkspartei, CVP): Der Streit um Pfarrer August Ackermann 1909-1912 endete mit dessen Abberufung. 1960 wurde der katholische Kindergarten gebaut.

In der Frühindustrialisierung erlangte das wirtschaftlich bis dahin arme Welschenrohr durch den Erzabbau (Bergbau) in Gänsbrunnen und die Glaserei (Glas) im hinteren Thal einen bescheidenen Wohlstand. Ab 1778 unterrichtete ein ständiger Schulmeister im Dorf. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich die Uhrenindustrie fest. Die vielen Uhrenateliers bezogen die ganze Bevölkerung ein – die Frauen als Heimarbeiterinnen (Heimarbeit), die Männer in der Fabrik. Bis zur Schliessung 1980 hatte die Uhrenfabrik Technos der Gebrüder Gunzinger (Josef Gunzinger) eine führende Stellung inne (um 1965 550 Mitarbeitende) und machte Welschenrohr zu einem der Uhrmacherzentren Solothurns. Die Uhrenindustrie brachte trotz wiederholter Krisen überdurchschnittlichen Wohlstand. Durch die Ansiedlung neuer Betriebe (Elektronik, Präzisionsmechanik) wurde 1981 die Monostruktur aufgebrochen, dies dank origineller Aktionen der landesweit beachteten lokalen Wirtschaftsförderungskommission. 1904-1983 bestand eine Bezirksschule. Wegen Abwanderung der Jugend ins Mittelland ging die Bevölkerung zwischen 1960 und 1980 zurück. Viele Berufstätige pendeln in die Regionen Solothurn und Olten (2000 48%).

Quellen und Literatur

Weblinks
Normdateien
GND
Kurzinformationen
Ersterwähnung(en)
1179: Rore
Endonyme/Exonyme
Rosières (französisch nicht mehr gebräuchlich)

Zitiervorschlag

Urban Fink: "Welschenrohr", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 13.08.2021. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/001073/2021-08-13/, konsultiert am 19.03.2024.