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Departemente

Departemente sind unmittelbar der Regierung unterstehende, nach Sachgebieten gegliederte Einheiten von Verwaltung auf Stufe Bund (Bundesverwaltung), Kanton (dort zum Teil Direktionen genannt) und Gemeinde. In der Westschweiz heissen sie auf kommunaler Ebene auch dicastères, im Tessin dicasteri. Ihnen obliegen vorbereitende und vollziehende Aufgaben sowie die Beaufsichtigung untergeordneter Amtsstellen. Kantone haben zwischen fünf und zehn Departemente. Die Bundesverwaltung gliederte sich 2004 in das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), das Eidgenössische Departement des Innern (EDI), das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), das Eidgenössische Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD), das Eidgenössische Volkswirtschaftsdepartement (EVD) und das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK).

Vom Kollegialsystem zum Departementalsystem

Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts beherrschte das aus dem Ancien Régime stammende Kollegialsystem, das nicht mit dem sogenannten Kollegialitätsprinzip – einer Verhaltensregel von Mitgliedern einer Kollegialbehörde – zu verwechseln ist, Regierung und Verwaltung. Die kantonalen Regierungen bestanden aus zahlreichen Mitgliedern. Während heute Verwaltungsressorts von einem gewählten Exekutivmitglied geleitet werden, standen in der Restauration besondere Kollegien, sogenannte Kommissionen oder Kammern, an deren Spitze. In diesen sassen neben Grossräten oder sonstigen Sachverständigen meist Kleinräte oder – als Vorsitzender – ein Standeshaupt. Dieses Kollegialsystem war zwar schwerfällig, bot aber auch Vorteile: Sachkundige und weitere Kreise wurden in die leitenden Funktionen der gesamten Staatstätigkeit einbezogen. In einer so dezentralisierten Verwaltung waren Übergriffe einzelner Machthaber kaum möglich.

In der Regeneration wurde die Regierung gemäss den Prinzipien der Gewaltenteilung auf den Vollzug beschränkt und zu einer verantwortlichen Behörde umgestaltet. Die einheitliche Leitung des Staats durch die Mehrheitspartei wurde möglich. Das liberal-radikale Regierungssystem wurde mit der Leitung der Verwaltungsabteilung verbunden; jedes Regierungsmitglied sollte eine Direktion oder eines oder mehrere Departemente leiten. Das zuerst 1831 in St. Gallen eingeführte Departementalsystem, manchmal auch Portefeuillesystem genannt, stammt aus der Französischen Revolution. Es bot den Vorteil einer einheitlichen, einfachen und raschen Leitung der Verwaltung. Auch wenn dem Departementalprinzip entsprechend jedes Regierungsmitglied für einen Verwaltungszweig zuständig war, funktionierte die Regierung in der Praxis weiterhin als Kollegialbehörde mit kollektiver Verantwortung. Auf diese Weise wurde das Departementalsystem mit dem Kollegialsystem verknüpft.

Entwicklung auf Bundesebene

In der Helvetik führte das Direktorium keine Departemente, sondern wies Ministerien auf. Doch diesem Kollegialsystem, das aus besoldeten Berufsmagistraten bestand, fehlte trotz Exekutivgewalt der Kontakt zur Exekutive weitgehend. Die Bundesakte von 1832 (Rossi-Plan) sah in der Tradition des Direktorialsystems neben einem Landammann der Schweiz, dem eine Vorrangstellung im Bundesrat zugedacht war, vier Departemente vor: des Äusseren, des Inneren, des Kriegs und der Finanzen. Die beiden Letzteren sollten von eidgenössischen Kommissionen verwaltet werden. Im Vergleich zum Landammann der Vermittlungsakte war die eidgenössische Exekutive entsprechend den föderalistischen Tendenzen schwächer und weniger leistungsfähig. Das departementale Organisationsprinzip sah vor, dass die Bundesratsmitglieder als Departementsvorsteher gewählt wurden – wie noch heute in Appenzell Innerrhoden –, ohne dass sie die Departemente unter sich aufteilen konnten.

Die Gründer des Bundesstaats strebten 1848 die Verbindung zwischen Kollegial- und Departementalsystem an. Man folgte in der Ausgestaltung der Exekutive nicht dem amerikanischen Modell, sondern übernahm das in einigen radikalen Kantonen bereits bewährte Regierungssystem. Dadurch erhielt der Bundesrat ebenfalls einen Doppelcharakter. Die Bundesverfassung (BV) schrieb sowohl die Einteilung in Departemente als auch das neue Kollegium des Bundesrats fest, das als oberste leitende und vollziehende Gewalt unmittelbar mit der Verwaltung verknüpft wurde. Anfänglich stand dieses Kollegialsystem im Vordergrund. Die Departemente wurden wie noch heute von einer einzelnen Person, einem Mitglied des Bundesrats, geleitet. Die einzelnen Sachgeschäfte waren einfach und überschaubar, was die Zusammenarbeit des Bundesrats erleichterte. Mit der quantitativ und qualitativ wachsenden Aufgabenlast des Bundes nahmen auch die Grösse der Departemente und die Zahl der Bundesämter zu. Zunächst existierte weder eine entsprechende Gesetzgebung noch eine Dienstorganisation. Viele Aufgaben wären ebenso gut durch die Departemente zu lösen gewesen. Das hätte für eine Übergangsbestimmung in der Verfassung gesprochen, die dem Bundesrat die Entscheidungsbefugnis nur für eine begrenzte Zeit übergeben hätte.

Mit der Totalrevision der BV von 1874 wurden die Aufgabenbereiche des Bundes stark ausgeweitet. In der Folge drängte sich eine Gliederung der Sachgeschäfte in Spezialbereiche auf. Obwohl das Bundesratskollegium weiterhin die Entscheidungskompetenz behielt, wuchs das politische Gewicht der Departemente. Angesichts der sich erweiternden Bundesverwaltung musste der Bundesrat verstärkt darauf achten, dass er die wesentlichen Geschäfte nicht aus den Augen verlor.

Bezeichnungen der Eidgenössischen Departemente seit 1848

JahrEDAEDIEJPDVBSEFDEVDUVEK
1848-49Politisches DepartementDepartement des InnernJustiz- und PolizeidepartementMilitärdepartementFinanzdepartementHandels- und ZolldepartementPost- und Baudepartement
1860      Postdepartement
1873    Finanz- und ZolldepartementEisenbahn und HandelsdepartementPost- und Telegrafendepartement
1879     Handels- und LandwirtschaftsdepartementPost- und Eisenbahndepartement
1888Departement des Äussern    Industrie- und Landwirtschaftsdepartement 
1896Politisches Departement    Handels-, Industrie- und Landwirtschaftsdepartement 
1915     Volkswirtschaftsdepartement 
1963      Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement
1979Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA)Eidgenössisches Departement des Innern (EDI)Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement (EJPD)Eidgenössisches Militärdepartement (EMD)Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD)Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement (EVD)Eidgenössisches Verkehrs- und Energiewirtschaftsdepartement (EVED)
1998   Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerung und Sport (VBS)  Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)
Bezeichnungen der Eidgenössischen Departemente seit 1848 -  Altermatt, Urs: Bundesräte: ein biographisches Lexikon; Bundesverwaltung

Entwicklung auf Kantons- und Gemeindeebene

Auch in den Kantonen machte das Departementalsystem Fortschritte. Ab 1830 hatten die Grossen Räte das Übergewicht über die Kleinen Räte gewonnen, die an Bedeutung einbüssten. Das Vordringen des Departementalsystems ging Hand in Hand mit der Verringerung der Mitgliederzahl der kantonalen Regierungen. Waren bisher an der Spitze der einzelnen Verwaltungen fast überall Kommissionen gestanden, so wurden diese nun in vielen Fällen durch einen einzelnen Ressortchef ersetzt. Während das Kollegialsystem an Gewicht verlor, erhielten die Departemente straffere Leitungen. Die Kollegien fungierten zunehmend als Mittler zwischen den erstarkten gesetzgeberischen und ausführenden Gewalten.

Auf Gemeindeebene wurde das Departementalsystem später eingeführt; den Anfang machten die grossen Gemeinden. Bis heute ist das Kollegialsystem vorhanden, d.h. ein Teil der kommunalen Aufgaben wird durch Kommissionen – zum Beispiel Schulkommissionen – übernommen. Aber auch auf Gemeindeebene zeigen die Departemente eine Tendenz zur Professionalisierung an.

Neue Tendenzen

Gegenwärtig sind die Verwaltungen auf allen Ebenen im Umbruch. Motor ist primär der Spardruck. Es ist aber noch nicht absehbar, ob die Privatisierung von staatlichen Aktivitäten oder die Umgestaltung im Sinne der sogenannten wirkungsorientierten Verwaltungsführung bzw. des New Public Management (NPM) innerhalb der Verwaltung auch das Departementalsystem verändern werden. NPM würde die Departemente zu Lasten der Detailregelungskompetenz der Parlamente stärken und eventuell zu einer Trennung von strategischen und operativen Funktionen zwischen Exekutive und Departementen führen. Nicht zu unterschätzen sind die Auswirkungen der sogenannten medienplebiszitären Demokratie. Bundes- und regierungsrätliche Vorlagen an die Parlamente und das Volk werden in der Öffentlichkeit zunehmend mit den Namen der Vorsteher und Vorsteherinnen derjenigen Departemente in Verbindung gebracht, welche die Vorlagen im Auftrag des Regierungskollegiums erarbeiten. Dies hat eine starke Personalisierung der Politik zur Folge. Die seit 1990 laufende Staatsleitungsreform, deren Kernstück die Regierungsreform ist, soll die politische Führung des Bundes stärken; insbesondere soll der Führungsanspruch der Regierung gegenüber der Verwaltung sichergestellt werden.

Quellen und Literatur

  • E. His, Gesch. des neueren Schweiz. Staatsrechts, 3 Bde., 1920-38
  • D. Schefold, Volkssouveränität und repräsentative Demokratie in der schweiz. Regeneration, 1966
  • K. Eichenberger, Der Staat der Gegenwart, 1980
  • Altermatt, Bundesräte
  • J.-F. Aubert, Bundesstaatsrecht der Schweiz, 2 Bde., 1991-95 (franz. 1967)
  • A. Kölz, Neue Schweiz. Verfassungsgesch., 1992
Weblinks

Zitiervorschlag

Heinrich Ueberwasser: "Departemente", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 07.12.2011. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010347/2011-12-07/, konsultiert am 19.03.2024.