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Ämterkauf

Der Begriff Ämterkauf bezeichnet den käuflichen Erwerb eines weltlichen oder kirchlichen Amts mit den damit verbundenen Rechten und Einkünften. Er wurde zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlicher Form und Intensität geübt und rechtlich wie moralisch verschieden gewertet.

Im römischen Recht, insbesondere in der spätrömischen Dominatsverfassung, gehörte der Ämterkauf zum ordentlichen Verwaltungssystem. Die Simonie, der missbräuchliche Handel mit geistlichen Sachen, wurde mit der zunehmenden Verquickung christlicher Sendung mit kirchlich-administrativer Verwaltung vom 4. Jahrhundert an charakteristisch für die Vergabe von Kirchenämtern und damit zum immer wiederkehrenden kirchenrechtlichen Thema.

Vom Kauf oder der Verpfändung von Herrschaftsrechten, zum Beispiel Gerichtsherrschaften, im Rahmen der mittelalterlichen Feudalordnung zu unterscheiden ist der hier im Zentrum stehende, mit der Ausbildung der eidgenössischen Orte zu frühmodernen Staatswesen sich verbreitende Kauf von (lukrativen) Ämtern zur zeitlich beschränkten Nutzung im Rahmen der bestehenden staatlichen Organisation.

Vom ausgehenden Spätmittelalter an ist der zeitgenössisch als Praktizieren oder Trölen bezeichnete Ämterkauf in zunehmendem Masse überliefert (Wahlen). Durch Bestechung oder Versprechungen erkauft wurden namentlich die – oft zum Nachteil der Untertanen – einträglichen Vogteistellen, aber auch Ratssitze oder gewinnversprechende Gesandtschaften. Möglicherweise spielte zum Teil auch der Klientelismus eine Rolle. Mit wiederholten Verboten suchten zuerst die einzelnen Orte (z.B. Bern 1515, Zug 1539, Glarus 1540, Schwyz und Nidwalden 1551), später auch die Eidgenossenschaft (Tagsatzungsbeschlüsse 1586, 1613), den Ämterkauf zu unterbinden. Trotz der Aufnahme von Erklärungen in die Amtseide, jede Bestechung unterlassen zu haben, und trotz wiederholtem Nachfragen (z.B. in Nidwalden vierteljährlich durch den Landammann anlässlich des Fronfasten-Landrats) konnte der Ämterkauf nicht gänzlich unterdrückt werden. Deshalb gingen Städteorte (Freiburg 1650, Schaffhausen 1689, Bern 1710, Basel 1718) wie auch ländliche Stände (Glarus 1638, Schwyz 1692) zur Zuteilung der Ämter mittels Los über oder kanalisierten mit offiziellen Abgaben an die Öffentlichkeit die Mittel potenzieller Bewerber (Nidwalden 1612, Glarus 1623, Appenzell Innerrhoden 1632, Uri 1646, Schwyz 1647). Ausgenommen von den Praktizierverboten blieb eine Reihe von sekundären Ämtern, die sogenannt gebetenen wie Schreiber-, Weibel- und Läuferstellen.

Der Ämterkauf ging als Wahlbestechung oder ähnlich genannter Tatbestand zuerst in die kantonalen Strafgesetzbücher des 19. Jahrhunderts und 1937 in das eidgenössische Strafgesetzbuch (Artikel 281) ein, hat aber mit der Ausbildung des modernen Berufsbeamtentums an Bedeutung verloren. Für die Abgabe hoheitlicher Rechte an Private stellt das moderne Recht die Konzession (auch: Verleihung, Patent) zur Verfügung.

Quellen und Literatur

  • Idiotikon 5, 575-578; 14, 912 f.
  • J.J. Blumer, Staats- und Rechtsgesch. der schweiz. Demokratien oder der Kt. Uri, Schwyz, Unterwalden, Glarus, Zug und Appenzell, 2 Tl. (3 Bde.), 1850-59
  • C. Stooss, Die schweiz. Strafgesetzbücher, 1890
  • LexMA 1, 561 f.
  • Ämterkäuflichkeit, hg. von K. Malettke, 1980
  • Ämterhandel im SpätMA und im 16. Jh., hg. von I. Mieck, 1984
  • H. Lüdi, Praktizieren und Trölen, Seminararbeit Univ. Bern, Ms., 1990
Weblinks

Zitiervorschlag

Peter Steiner: "Ämterkauf", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 11.06.2015. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010344/2015-06-11/, konsultiert am 19.03.2024.