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Landammann

Landammann heisst der Vorsteher der Regierung in den Landsgemeindeorten Glarus und Appenzell Innerrhoden, den früheren Landsgemeindeorten Schwyz, Ob- und Nidwalden, Uri, Zug und Appenzell Ausserrhoden sowie in Solothurn und Aargau. Das Amt reicht in die Gerichtsverfassung des Hoch- und Spätmittelalters zurück. Die Gerichtsbeamten (minister, magister, Ammann u.a.) wurden ab dem 13. Jahrhundert sukzessive vom Landammann abgelöst. Über Einsetzung bzw. Wahl des Landammanns in der Urschweiz im 13. und frühen 14. Jahrhundert schweigen die Quellen. Nach dem Niedergang der Reichsvogtei der Waldstätte 1334 dürfte die Wahl des Landammanns durch die Landsgemeinde überall zur Regel geworden sein. Glarus, Zug und Appenzell konnten die eigene Wahl des Landammanns erst 1387 bzw. 1411 und 1412 verwirklichen. Im 15. Jahrhundert setzte sich eine feste Amtsdauer, meist von ein oder zwei Jahren, durch. Eine Wiederwahl war möglich, was verschiedene Orts zur alternierenden Besetzung (regierender und stillstehender Landammann) des Amtes aus dem Kollegium der alt Landammänner führte. Der Landammann war vor allem Richter, weshalb er oft als «Richter des Landes» bezeichnet wird. Als Inhaber des Blutbanns übte der Landammann die hohe Gerichtsbarkeit aus. Zeichen dafür war das kaiserliche Schwert. Der Landammann leitete die Landsgemeinde, die nebst richterlichen zunehmend auch gesetzgebende und administrative Aufgaben wahrnahm. Er stand dem Rat und dem Gericht vor, repräsentierte seinen Ort nach aussen und war bis ins 16. Jahrhundert oberster Heerführer. Nach dem Niedergang des Adels und der Ministerialität traten im 15. Jahrhundert vor allem Vertreter der bäuerlichen Oberschicht als Landammänner auf. Die Gruppe der Landammannsfamilien oligarchisierte sich im Ancien Régime, war aber offener als die städtischen Patriziate. In den Drei Bünden wurden schliesslich auch die Häupter der Gerichtsgemeinden als Landammänner bezeichnet; das Haupt des Zehngerichtenbunds war der Bundslandammann. In der gemeinen Herrschaft Thurgau war der Landammann der Vorsitzende des Landgerichts und Gewährsmann der reformierten Orte (als Gegengewicht zu den mehrheitlich katholischen Landvögten).

Im 19. und 20. Jahrhundert setzte sich in allen Orten die Gewaltenteilung durch. Das Amt des Landammanns überlebte in allen einstigen Landsgemeindeorten die Verfassungsrevisionen, doch seine Stellung änderte sich grundlegend. Der Landammann (bzw. die Frau Landammann) ist heute der (die) Vorsitzende der Exekutive (Kantonsregierungen). In Zug führt das Standesoberhaupt bzw. der Regierungsvorsitzende seit 1814 den Titel des Landammanns. 1814 bis 1830/1831 präsidierten zwei Landammänner, die sich jährlich abwechselten, den Staatsrat des Kantons Waadt. Im selben Zeitraum kannte auch das Tessiner Grundgesetz zwei Landammänner unter den Mitgliedern des Staatsrats, die zwei Jahre amtierten und von denen der eine dem Grossrat (Landamano reggente) und der andere dem Staatsrat vorsass. Gemäss St. Galler Verfassung von 1814 wurden alle zwei Jahre je ein katholischer und ein reformierter Landammann gewählt, die je ein Jahr gleichzeitig den Vorsitz im Grossen und im Kleinen Rat führten. Eine fast identische Lösung bestand während der Restauration im Kanton Thurgau. 1831-2001 hiess der Vorsitzende der St. Galler Exekutive Landammann. Seit 1831 trägt der Regierungspräsident des Kantons Aargau den Titel Landammann, seit 1841 ebenso derjenige des Kantons Solothurn. Die bis 1846 gültige Regenerationsverfassung des Kantons Bern bezeichnete den Präsidenten des Grossen Rats als Landammann. Die Volkswahl besteht noch in Appenzell Innerrhoden und Glarus (Landsgemeinde) sowie in Uri und Appenzell Ausserrhoden (Urnenwahl). Das Amt wird im Voll- oder Hauptamt wahrgenommen und ist besoldet.

Quellen und Literatur

  • E. Omlin, Die Landammänner des Standes Obwalden und ihre Wappen, 1966
  • L. Carlen, Die Landsgem. in der Schweiz, 1976, 16-18
  • AppGesch 1, 554-557; 2, 653-658; 3, 579-603
  • Stadler, Uri 1, 222-224
Weblinks

Zitiervorschlag

Hans Stadler: "Landammann", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 21.04.2016. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010256/2016-04-21/, konsultiert am 19.03.2024.