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Landammann der Schweiz

Mit der schweizerischen Bezeichnung «Landammann» für ein Exekutivorgan der Helvetischen Republik erhoffte sich Napoleon Bonaparte eine bessere Akzeptanz des Verfassungsentwurfs von Malmaison vom 29. Mai 1801. Zwei vom Senat gewählte Landammänner sollten diese Behörde abwechselnd ein Jahr lang präsidieren. Der amtierende 1. Landammann führte gleichzeitig den Vorsitz im Kleinen Rat, dem Regierungskollegium. Er leitete mit Hilfe eines nur ihm verantwortlichen Staatssekretärs die auswärtigen Angelegenheiten und ernannte die Kantonsstatthalter. Der 2. Landammann fungierte als sein Stellvertreter. Nach der Inkraftsetzung der zweiten helvetischen Verfassung am 2. Juli 1802 führte der Senatsvorsitzende und Präsident des dreiköpfigen Vollziehungsrats den Titel «Landammann». Seine Amtszeit sollte ein Jahr dauern. Die Leitung der Aussenpolitik ging an einen der fünf vom Senat ernannten Staatssekretäre über.

Im Unterschied zu den helvetischen Landammännern repräsentierte der Landammann der Schweiz in der Eidgenossenschaft der Mediation zusammen mit der Tagsatzung die schwach ausgeprägte Bundesgewalt. Das Amt übten im jährlichen Wechsel die Standeshäupter der sechs Direktorialkantone Freiburg, Bern, Solothurn, Basel, Zürich und Luzern aus, wobei sie während ihres Amtsjahrs die Hauptstadt des Vororts nicht verlassen durften. Der Landammann der Schweiz war einerseits Gesandter des Direktorialkantons an die Tagsatzung, andererseits deren Vorsitzender. Er bereitete die Geschäfte vor, setzte die Tagesordnung fest, ernannte die Mitglieder der vorberatenden Kommissionen, unterzeichnete die offiziellen Aktenstücke und hatte das Staatssiegel in Verwahrung. In der Eröffnungssitzung oblag ihm die Berichterstattung über die aussen- und innenpolitische Lage der Eidgenossenschaft. Gestützt auf die Mediationsakte konnte er ausserordentliche Tagsatzungen einberufen. Wenn die Tagsatzung nicht versammelt war, kam dem Landammann der Schweiz die Funktion eines Vermittlers zwischen den Kantonen zu. Als Aufsichtsbehörde über die Kantone überwachte er die Kontakte der Bundesglieder mit dem Ausland, beaufsichtigte die Presse oder griff bei verfassungswidrigen kantonalen Verordnungen ein. Im Falle innerer Unruhen oder anderer Krisensituationen konnte er auf ein Gesuch des Hilfe begehrenden Kantons die eidgenössische Intervention in bewaffneter oder unbewaffneter Form anordnen, wie zum Beispiel im Bockenkrieg. 1805, 1809 und 1813 wurden ihm ausserordentliche Vollmachten zum Schutz der schweizerischen Neutralität übertragen. Der Landammann der Schweiz verkehrte mit den ausländischen Diplomaten und vertrat die Interessen der Eidgenossenschaft oder einzelner Bundesglieder gegenüber dem Ausland. Napoleon diente er in erster Linie als Verbindungsinstanz zu den 19 Kantonen. Im Unterschied zum Vizepräsidenten der Italienischen Republik oder zum Ratspensionär der Batavischen Republik fehlte dem Landammann der Schweiz ein Machtapparat, da er als Exekutivorgan im Auftrag der Tagsatzung wirkte. Ihm unterstanden lediglich ein Kanzler, der die Abschiede und die diplomatische Korrespondenz abfasste, ein Staatsschreiber, der das Protokoll der Tagsatzung führte, ein Archivar und ein Flügeladjutant als Berater in militärischen Fragen.

Die in der Schweizer Geschichte einmalige Institution eines Staatsoberhaupts überlebte das Ende der Mediationsperiode nicht. In den Bundesverfassungsentwürfen von 1832/1833 war für den Tagsatzungsvorsitzenden und Bundesratspräsidenten die Bezeichnung Landammann der Schweiz vorgesehen.

Landammänner der Schweiz

Landammänner der Schweiz -  Autor

Quellen und Literatur

  • R. Hagnauer, Der Landammann der Schweiz in der Vermittlungsakte, 1922
  • A. Hunziker, Der Landammann der Schweiz in der Mediation 1803-1813, 1942
Weblinks

Zitiervorschlag

Andreas Fankhauser: "Landammann der Schweiz", in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.11.2007. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/010080/2007-11-12/, konsultiert am 19.03.2024.